Gestern wurde ich auf ein Gespräch zwischen Paul Brandenburg und Tom Lausen hingewiesen, welches ich leider verpasst hatte. In seinem Format „Brandenburg live“ lässt der Gastgeber auch den ein oder anderen Anrufer zu Wort kommen. Und just eben einer dieser Anrufer war Rasmus Richter, einer der bekannteren Personen aus der radwege- und helmkritischen Radverkehrs-Szene, der früher einmal den inzwischen leider gelöschten Blog „Leezerize“ betrieb. Rasmus musste, damals noch in der angeblichen deutschen „Fahrrad-Hauptstadt“ Münster lebend, am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn man sich als Einzelner gegen eine vollkommen durchideologisierte, auf das Konzept der Verkehrsmittel-Apartheid getrimmte Bevölkerung, als auch gegen Presse und Behörden auflehnt.
Wie man dort mit ihm vor allem auch von Seiten der Polizei und Justiz anlässlich gegen ihn verübter Straftaten umgesprungen ist, kann man unter anderem noch bei de.rec.fahrrad nachlesen. Rasmus‘ Anruf zum Aufzeigen der Parallelen zu dem Daten-Wirrwar in Sachen schlumpfstoffinduzierter Übersterblichkeit passt auf jeden Fall sehr gut zu meinem erst kürzlich verfassten Beitrag über die Art von Problemen, mit denen man auch als kritisch recherchierender Blogger konfrontiert wird, wenn man zum Beispiel die (ebenfalls lückenhaften) Daten des offiziellen Unfallatlas zum Anlass nimmt, sich von den zuständigen Behörden (Polizei und Staatsanwaltschaften) nähere Informationen über den jeweiligen Unfallhergang einholen zu wollen.
Rasmus hatte ähnliche Erfahrungen gemacht, als er von der Stadt Münster und der dortigen Polizei eben auch aussagekräftige Unfall-Rohdaten an- und deren korrekte Auswertung einforderte. Doch dies wurde ihm über längere Zeit verwehrt; weil dann das Dogma vom „sicheren Radweg“ eindeutig widerlegt worden wäre und die Behörden, als auch die Gerichte vor dem Problem gestanden hätten, dass es nun deutlich schwieriger wäre, Radfahrer weiterhin mittels willkürlich aufgestellter blauer Schilder auf miserable, schikanöse und gemeingefährliche „Radwege“ zwingen zu können. Auch in Sachen St. Yropor, bei dem sich auch hiesige Polizeibehörden unbeeindruckt von jeder sachlichen Kritik als Verbreiter tumber und widerlegter Propaganda betätigen, musste er noch deutlich intensivere Erfahrungen als ich machen. Ein nennenswertes Maß an „Solidarität“ von Seiten anderer Radfahrer (oder gar Autofahrern) widerfuhr ihm natürlich ebenfalls nicht.
Es sei, so berichtet er im Rahmen seines Anrufs, Wahnsinn gewesen, überhaupt an die Rohdaten der Polizei heranzukommen. Man könnte mit diesen Daten eigentlich viel mehr machen, die Behörden würden allerdings mauern und ließen einen im Stich. Auf die Nachfrage von Brandenburg, ob diese nur mauern oder die Daten ggf. auch „modifizieren“ würden, verneint Rasmus Letzteres; dies würde er denen nicht unterstellen. Sie hätten eher eine riesige Angst davor, die Deutungshoheit zu verlieren. Sie versuchten, eine Herausgabe der Daten zu verweigern, weil sie ansonsten angreifbar wären. Wir bräuchten viel mehr Datenjournalismus, weil die Medien teilweise gar nicht in der Lage seien, die entstehende Dynamik zu verstehen. Brandenburgs satirischen Einwand, man hätte doch die Faktenchecker und die etablierten Medien, wie bspw. den Tagesspiegel, lässt Rasmus nicht gelten. Ein Problem sei, dass die überwiegende Zahl der Journalisten eher aus den Geisteswissenschaften käme und überhaupt keinen Bezug zu Zahlen mehr hätte. Dass Zahlen jedoch eine Brisanz entwickeln und ein ganzes Narrativ kippen könnten, könne von diesen überhaupt nicht nachvollzogen werden. Rasmus sei auch über sehr lange Zeit mit diesem Thema (Unfälle) nicht an die Lokalmedien herangekommen. Jene hätten die Brisanz nicht verstanden und wollten sich ihr Weltbild nicht von irgendwelchen Zahlen zerstören lassen. Es sei, auf Nachfrage Brandenburgs, auf jeden Fall ganz viel journalistische Unfähigkeit.
Bei de.rec.fahrrad findet man ebenfalls noch einen älteren, von ihm gestarteten Faden, in welchem er auf die in seinem Anruf erwähnten Daten eingeht. Nachtrag: Rasmus hat inzwischen einen neuen Blog.