Die Irrfahrten des Thortysseus

In diesem Blog gibt es ja auch die Kategorie „Rennradsport“. Es ist nicht so, dass ich grundsätzlich nichts über meine Rennradtouren und das hierbei Erlebte zu schreiben hätte. Im Gegenteil. Allerdings hält mich das völlige Desinteresse an den sonstigen Inhalten dieses Blogs davon ab, mir die Mühe zu machen und lange Texte über die von mir stets individuell geplanten Touren zu verfassen. Bei X dokumentiere ich seit August 2024 mittels unzähliger Clips vor allem (aber nicht nur) die negativen Erfahrungen, die ich mitten im Straßenverkehr so mache. Hierbei könnte in der Tat der Eindruck entstehen, es geschähe nur Negatives. Im Gegenteil. Man erlebt auch immer wieder mal Tage wie jenen Freitag, welche einem für immer im Gedächtnis bleiben werden.

Meine Touren fahre ich fast ausnahmslos alleine. Wie das halt so ist; als ausgestoßener Eremit, der es dem Rest der Gesellschaft noch nie recht machen konnte. In meinen wilden 20ern war ich ein paar Mal mit einem Trainingskollegen aus Bayern in den Alpen, dem Schwarzwald und den Vogesen, wo wir uns an mehreren legendären Anstiegen die Kanne gaben. Er war insgesamt einen Tick stärker als ich. Nach meinem Ausscheiden aus dem Finanzamt konnte ich mir Alpenurlaube nicht mehr leisten. Außerdem gab es dann doch immer wieder mal Zoff zwischen uns beiden.

So auch bei unserer letzten gemeinsamen Unternehmung Ende April 2012, als wir uns für ein paar Touren im Schwarzwald und den Vogesen trafen. Am 28. April stand der Anstieg zum Belchenhaus auf dem Programm. An die Details, was genau damals schiefgelaufen war, kann ich mich heute gar nicht mehr erinnern. Michael (mein bayrischer Trainingskollege) fuhr mir am Berg (meistens) immer ein Stück davon. Den Belchen kannte er noch nicht. Ich auch nicht; hatte mich aber vorab (wie immer) ausgiebig mit dem Thema befasst und daher die Streckenführung verinnerlicht.

So wollten wir uns am Ende oben am Belchenhaus treffen und wieder gemeinsam runterfahren. Dazu kam es aber nicht. Denn Michael war irgendwann spurlos verschwunden. Er musste an irgendeiner Abzweigung den falschen Weg genommen haben oder zu früh umgekehrt sein, denn am Gipfel war er nicht. Auf dem Weg zurück konnte ich ihn auch nicht an den infrage kommenden Abzweigungen sehen. So fuhr ich angesäuert auf direktem Wege zurück zum Standort unserer Autos. Und zerstritt mich mit ihm in der Folge dauerhaft; weil ich es nicht nachvollziehen konnte, warum er nicht einfach an der kritischen Abzweigung wartete.

Etwas Ähnliches, allerdings wesentlich Amüsanteres erlebte ich am 15. August mit dem Klagesponsor. So bezeichne ich in aller Regel meinen einzigen wirklichen Kumpel hier im Blog im Rahmen diverser Beiträge. Im echten Leben heißt er Thorsten. 50 Jahre jung und seit frühester Kindheit eine Sportskanone. Er spielte in seinen jüngeren Jahren u. a. Tischtennis, Fußball und wechselte anschließend zu den Läufern, wo er über die Jahre auch den ein oder anderen Marathon und Halbmarathon lief. Fahrrad fuhr er auch immer wieder mal; allerdings ohne sportliche Ambitionen. Bis er mich am „Lagerfeuer der Hoffnung“ kennenlernte.

Über einen Arbeitskollegen beschaffte er sich ein klassisches Peugeot-Rennrad mit Stahlrahmen, um mit mir nicht nur via MTB (trotz seiner Trailphobie) durch die endlosen Weiten des Pfälzerwalds zu fahren, sondern auch mit dem Rennrad auf der Landstraße. So fuhren wir in den letzten Jahren die ein oder andere Tour zusammen; in aller Regel im Sommer an den Schöntalweiher, wo wir uns dann abkühlen und über alles Mögliche philosophieren.

Während er mir im Flachen fast ebenbürtig ist, hat er allerdings am Berg immer wieder seine Probleme. Wie übrigens auch beim Laufen. Am Gewicht kann es nicht liegen, denn er wiegt nur unwesentlich mehr als ich dürre Bergziege. Lange Strecken mag er auch nicht so wirklich; seine bislang längste Tour (um die 120 km) fuhren wir im vergangenen Jahr – und hier ereilte ihn nach ca. 90 km ein veritabler Hungerast, weshalb er die Runde über Zweibrücken, Saargemünd und Volmunster nur mit Hängen und Würgen überstand. Als wir bei Volmuster auf einer Sitzbank pausierten, hatte ich Sorge, dass sein laut knurrender Magen mich auffressen würde.

Die Touren an den Weiher sind für ihn (aufgrund seines südöstlicher gelegenen Wohnortes) meistens um die 70 bis 100 km lang, während ich in der Regel um die 20 km mehr zu fahren habe. Am Freitag wollten wir das erste Mal den Grand Wintersberg bei Niederbronn in Frankreich angehen. Hier wartete auf ihn (nach der Hohen Derst im Jahr 2022) der bislang anspruchsvollste Anstieg überhaupt. Da ich allerdings skeptisch war, ob er die rund 130 km lange Strecke, welche ich erst am 9. August gefahren war und die schwere Seite des Grand Wintersberg (von Riesthal) gut überstehen würde, bastelte ich eine alternative Route zusammen. Wer sich einen Überblick über die Gegend des im Folgenden beschriebenen Dramas verschaffen will, der möge dem Link zu OpenTopoMap und den Beschreibungen der Örtlichkeiten folgen.

Kurz vor 7 Uhr sammelte ich ihn auf der Ruhbank ein. Wir fuhren bei angenehmen Temperaturen (auch in den ansonsten sehr stark auskühlenden Tälern) über Lemberg, Salzwoog, den „Braunsberg“, Fischbach, Petersbächel und Schönau nach Wengelsbach, um den legendären Col du Goetzenberg, an welchem wir fast immer irgendetwas Denkwürdiges erleben, zur Abwechslung mal von der Nordseite her zu überqueren. Die Anzeigetafel unten am Beginn des Anstiegs verkündete uns, dass wir (kurz nach 8 Uhr) die ersten waren, die an diesem Tag mit dem Rad dort vorbeifuhren. Ich stellte auf dieser Seite mit 7:57 Minuten auch eine neue persönliche Bestzeit auf.

Wie damals mit meinem Trainingskollegen aus Bayern, gilt zwischen uns allgemein die Losung, dass an den Anstiegen jeder sein Tempo fährt. In meinen 30ern achtete ich fast überhaupt nicht mehr auf meine Durchschnittsgeschwindigkeiten oder Bestzeiten an den Anstiegen. Ich schrubbte in dieser Phase einfach nur (unfassbar viele) Kilometer.

Dabei gehörte ich eigentlich schon immer zu den stärksten Bergfahrern in meiner Heimat; über all die Jahre kam es nur extrem selten mal vor, dass mich irgendein Rennradkollege an einem Anstieg überholt hätte. Ab und an konnte ich sogar auf dem MTB mit dem ein oder anderen mithalten (quasi die Höchststrafe für jeden Rennradfahrer). In den letzten Jahren fand ich allerdings auch allmählich wieder Spaß daran, diverse Anstiege, die ich teils auch schon seit zehn oder mehr Jahren überhaupt nicht mehr hochgefahren war, wieder auf Zeit hochzubügeln. Und jene Zeiten mit denen zu vergleichen, die ich vor allem in meinen 20ern (also zwischen 2002 und 2012 in meine uralte Excel-Tabelle eingetragen habe.

Und hierbei stellte ich fest, dass ich (ein inzwischen 43 Jahre) alter Sack das Bergfahren immer noch nicht verlernt habe. Es ist mir bislang zwar (noch) nicht gelungen meine alten Bestzeiten zu unterbieten – aber manchmal komme ich dann doch noch relativ nah an jene Leistungen heran, die ich vor 15 bis 20 Jahren erbrachte. Manche der regional bedeutsameren Anstiege bin ich auch in meinen jüngeren Jahren relativ selten gefahren.

Der Col du Goetzenberg ist hierbei ein Sonderfall. Denn als ich jung war, führte die französische D 190 nach Wengelsbach in eine Sackgasse. Außerdem war der Pass von beiden Seiten her für eine Zeitnahme eigentlich auch zu kurz; das Notieren der Fahrzeiten hatte ich damals auch erst ab etwa 200 Höhenmetern für lohnenswert erachtet. Seitdem allerdings der illegale Radweg von Schönau aus diese gerade für Rennradfahrer wunderbare und sportlich anspruchsvolle Alternative eröffnete, notierte ich mir bei inzwischen 17 Überfahrten jeweils die Zeiten.

Das gilt im Wesentlichen auch für die leichtere Seite des Grand Wintersberg. Hier standen bis Frühjahr 2025 nur drei Zeiten aus den Jahren 2005, 2006 und 2009 in der Liste. Am 3. Juli 2006 fuhr ich die 6,3 km lange Strecke in 21:43 Minuten hoch. Bei 383 Höhenmetern ergibt das eine durchschnittliche Steigung von 6,1 % und eine Steiggeschwindigkeit von 1058 hm/h. So hoffte ich am Freitag, im Rahmen unserer gemeinsamen Tour diese uralte Bestzeit zu unterbieten. Das gelang mir dann leider doch nicht; am Ende fehlten 32 Sekunden auf die 19 Jahre alte Bestzeit. Was aber immer noch eine mehr als respektable Leistung war. Am 28. März 2025 hatte ich übrigens für die Auffahrt noch 2:05 Minuten länger gebraucht.

Welche Zeit Thortysseus am Ende gefahren ist, weiß ich leider nicht. Denn nachdem ich oben am Gipfel gute 10 Minuten vergeblich darauf gewartet hatte, dass er gleich um die Ecke kommt, befürchtete ich, dass da irgendwas nicht stimmt. So fuhr ich erst einmal wieder runter an den Col de la Liese. Dieser (unscheinbare) Pass liegt zwischen dem Petit Wintersberg und dem Grand Wintersberg. Hier gibt es einen Parkplatz und eine bewirtschaftete Hütte.

Genau das hatte ich ihm bei der Anfahrt auch noch einmal ausdrücklich eingebläut! Sinngemäß lauteten meine Worte: „Nach einem kurzen Flachstück kommt rechts eine Hütte und links geht es noch einmal richtig steil den Berg rauf zum Gipfel, mit streckenweise über 12 %. Da muss man noch hoch, obwohl man eigentlich überhaupt keine Lust mehr hat.“

Tja. Ich schaute mich dann noch einmal für circa zwei Minuten am Col de la Liese um und überlegte, was ich jetzt machen soll? Zwischenzeitlich trudelten dort (ebenfalls von Niederbronn kommend) mehrere französische Rennradfahrer ein. Aber keine Spur von Thortysseus. Aufgrund meiner mehr als deutlichen Beschreibung (auch im Rahmen eines Gesprächs von vor ein paar Tagen) verlor ich keinen einzigen Gedanken daran, dass er eventuell geradeaus gefahren sein könnte. Auch während der letzten gut 19 km zum Schöntalweiher ging ich im Kopf alle Varianten durch, die er gefahren sein könnte – bei keiner zog ich in Erwägung, dass er vom Col de la Liese direkt die Abfahrt in Richtung Riesthal genommen haben könnte.

Hatte er aber; wie ich einige Stunden später erfahren sollte. Er drehte erst um, als das Gefälle immer stärker wurde. Ich hingegen fuhr also notgedrungen dieselbe Strecke zurück nach Niederbronn, weil ich es für am Wahrscheinlichsten hielt, dass er eventuell eine Panne gehabt haben könnte – und nun irgendwo den Schlauch wechselt. Aber auch diese Vermutung erwies sich als unbegründet, denn in der Abfahrt kamen mir nur eine Menge Autos entgegen; teils in einer mehr als asozialen Fahrweise. Aber nirgendwo stand ein deutscher Rennradfahrer mit einem technischen Defekt.

Ich befürchtete sogar, dass er ggf. bereits ganz unten am Beginn des eigentlichen Anstiegs den Abzweig nach links auf den Forstweg übersehen hatte. Denn auch dort war er nicht zu finden; wie auch nicht am Kreisel in Niederbronn, welcher den Beginn des Anstiegs markierte. Thortysseus war verschwunden. Und da ich die Wahrscheinlichkeit, ihn bei einer Suche in Niederbronn zu finden, für nicht messbar hielt und auch kein zweites Mal über den Col de la Liese wollte, fuhr ich über die D 1062 weiter durch das Tal des Falkensteiner Bachs in Richtung Philippsbourg. Und hoffte, dass er selbst zurechtkommt. Da wir beide von Handys nix halten, war auch ein Anruf keine Option.

Ich erreichte etwa gegen 10:50 Uhr nach der (auch so geplanten) Fahrt über Philippsbourg, die Forststraßen Landersberg und Hartzhofen nach Stürzelbronn und den Schleichweg zur Bremendell den Schöntalweiher. Und zerbrach mir, nach einer Erfrischung im kühlen Nass, über mehrere Stunden den Kopf, wo Thortysseus wohl herumirren mag? Da er nach einer, zwei, drei Stunden nicht aufgetaucht war, hielt ich es für nicht unwahrscheinlich, dass er in Niederbronn via Telefon nach Hause telefonierte und sich abholen ließ.

Denn ich kenne ja seine begnadeten Orientierungskünste. Wie auch seine ausgeprägte Abneigung gegen Heimatkunde, Landkarten, Geographie, Topographie, Ortsnamen und überhaupt alles, was mit dem Thema Navigation zu tun hat. Er ist weder Pfadfinder noch Pionier. Hinsichtlich dieser (liebenswerten) Schwäche habe ich ihn in den letzten Jahren natürlich auch unzählige Male aufgezogen; prognostiziert, dass ihm dieses niemals von ihm aufgearbeitete Erdkunde-Traumata (über welches er mit mir bis heute auch kein einziges Mal tiefgründiger reden wollte) früher oder später mal richtig Ärger und Unannehmlichkeiten bereiten würde.

Dieses Schicksal sollte ihn am Freitag dann tatsächlich, mit voller Wucht, ereilen. Denn Thortysseus musste sich, verlassen von seinem treuen und überaus fähigen Navigator, auf eine lange Irrfahrt durch Frankreich gen Heimat begeben. Hierbei entpuppte sich dann tatsächlich eine meiner auch auf der Liegewiese durchdachten Theorien als zutreffend.

Thortysseus verkörpert in gewisser Weise auch das Sprichwort „Was der Bauer nicht kennt, das frisst er auch nicht“. Dass er beispielsweise in Philippsbourg den Wegweisern Richtung Dambach und Neunhoffen (und von dort aus weiter in Richtung Stürzelbronn) folgen würde, hielt ich für relativ unwahrscheinlich. Vielmehr glaubte ich, dass er, wenn, dann wohl den Wegweisern in Richtung Bitche folgen würde. Denn Bitche (die kleine französische Festungsstadt) kennt er. Da fuhren wir auch erst vor ein paar Wochen durch, als wir aus der anderen Richtung an den Weiher fuhren.

Die Fahrt über Bitche würde allerdings dann doch einen gewaltigen Umweg darstellen. Hinsichtlich seiner bisherigen Probleme auf längeren Touren und der an diesem Tag drückenden Schwüle hatte ich Zweifel, ob er, wenn er diese Variante nehmen sollte, diese auch problemlos überstehen würde. Immerhin hatte er im Rucksack (wie immer) eine Menge Gebäck und Süßkram gebunkert und dürfte so zumindest nicht verhungern. Problematischer wäre eher der fehlende Nachschub an Flüssigkeit. Wobei er sich auch hinsichtlich dieses Themas über Jahre völlig beratungsresistent zeigte.

Jedenfalls lag ich gegen 14 Uhr gerade auf dem Bauch im Schatten unter meiner Birke und machte mir Gedanken, ob ich mir ob des zunehmend knurrenden Magens vor der Heimfahrt beim Kioskpächter noch eine Currywurst pumpen soll, als ich neben dem Stromkasten eine dunkle Gestalt durch die Hecken schlüpfen sah. Es war tatsächlich der verloren geglaubte Thortysseus! Ich begrüßte ihn mit einem herzhaften Lachen, welches ich über Minuten nicht wirklich einhegen konnte.

Er berichtete mir, dass er tatsächlich über Bitche gefahren ist. Nachdem das Unheil oben am Col de la Liese aufgrund der sträflichen Ignoranz meiner ausdrücklichen und unmissverständlichen Streckenbeschreibung seinen Anfang genommen hatte, fragte er sich am Gipfel und am Col de la Liese durch. Einige meinten, dass sie mich gesehen hätten, wie ich wieder runter nach Niederbronn gefahren bin. Als er wieder dort unten ankam, war ich ja allerdings vermutlich fast schon am (ca. 19 km entfernten) Schöntalweiher.

Dass er von Niederbronn aus dieselbe Strecke zurück nehmen würde, hielt ich während meiner Überlegungen übrigens für relativ unwahrscheinlich; vor allem auch wegen der zusätzlich verwirrenden Einbahnstraßenregelungen in Niederbronn. Mit den Ortsnamen Jaegerthal, Windstein und Wineckerthal konnte er ja (mangels allgemeinem Interesse für so unwichtige Dinge) auch nix anfangen. Meine Vermutungen diesbezüglich wurden von ihm während seiner Schilderungen vollauf bestätigt.

Denn er fuhr ja „außenrum“ über Bitche und Kröppen. Wahnsinn! Irre! Etwas enttäuschend fand ich allerdings in dieser Hinsicht, dass er sich auch nicht mehr daran erinnern konnte, dass wir auf unserer Bitche-Tour vor ein paar Wochen erst am Hanauer Weiher vorbei in Richtung Bremendell fuhren. Ebenso wenig blieb ihm die Variante über Eguelshardt und Waldeck aus dem Jahr 2023 im Gedächtnis, die ihm ebenfalls die extrem lange Schleife über Bitche und Kröppen erspart hätte. Das ist halt die Folge dessen, sich NIE auch nur annähernd mit der Gegend auseinanderzusetzen, durch die man fährt. Und auch generell NIE den Verlauf einer Tour nachträglich auf einer Landkarte nachzuvollziehen.

Wofür ich ihm allerdings den größten Respekt zollte, war die Tatsache, dass er ab Vinningen bzw. dem Hochstellerhof nicht einfach nach Pirmasens gefahren ist, sondern dann doch noch einmal die rund 14 km lange Strecke über die Eselsteige zum Weiher runterfuhr. Wo er mir dann berichtete, dass er außer einer 0,5-Liter-Flasche Gerolsteiner und einer 0,33-Liter-Dose Mezzo Mix, die er sich in der Vinninger Tanke gekauft hatte, die gesamte Irrfahrt über nix getrunken hatte. Auch seine Verpflegung im Rucksack rührte er bis zur Ankunft am Weiher nicht an. Bei weit über 30 °C.

Großen Appetit hatte er allerdings auch dort nicht; so mampfte er dort eigentlich nur eine Schneckennudel, ein Laugenbrötchen und (ein oder) zwei (noch halbwegs gekühlte) Schokoriegelchen. Auch auf eine Portion Pommes hatte er keine Lust. Aber auch daran habe ich mich fast schon gewöhnt; dass es Menschen gibt, die noch weniger essen als ich.

Im Kopf überschlug ich, wie viele Kilometer er am Ende dieses Tages wohl gefahren sein würde. Meine Schätzung von mindestens 150 Kilometern wurde dann auch vom Routenplaner bestätigt. Die ergänzenden Irrfahrten oben am Wintersberg und in Niederbronn dürften ihm vielleicht noch 5 bis 10 zusätzliche Kilometer eingebracht haben. Der genaue Wert lässt sich leider auch deshalb nicht feststellen, weil er sich seit Jahren beharrlich weigert, an seinen Rädern auch nur einen rudimentären Tacho zu installieren.

Wir alberten noch eine ganze Weile über diese legendäre T(h)ort(o)ur herum. So scheint ihn diese Irrfahrt nun eventuell wirklich davon überzeugt zu haben, sich vielleicht doch mal eine Landkarte in den Rucksack zu packen. Für den Notfall. Vielleicht ignoriert er in Zukunft auch nicht mehr ganz so konsequent Hinweise auf Seiten wie quaeldich.de, die ich ihm vor der Tour gleich zweimal empfohlen hatte. Wir werden es sehen.

Die Tour nahm an diesem unfassbar schwül-heißen Tag übrigens für ihn auch noch ein mehr als passendes; gar dramatisches Ende. Denn über dem Weiher tauchten bereits am frühen Nachmittag vermehrt Quellwolken auf, die mich zunehmend beunruhigten. Wurden doch für diesen Tag vereinzelte Gewitter prognostiziert.

Gegen 16:30 Uhr begaben wir uns daher (etwas früher als sonst) auf den Heimweg. Die Eselsteige hoch gaben wir beide dieses Mal nicht mehr als nötig Gas. Die Wolken wurden allerdings auch immer düsterer. Ich entschied mich, nicht wie so oft obenrum über den Hochstellerhof, sondern über Eppenbrunn und Trulben heimzufahren, weshalb wir uns am Abzweig vor Eppenbrunn verabschiedeten. Die Trulber Halde kam ich noch ganz ordentlich rauf; hierbei stets den Blick auf eine ziemlich dunkle, über Pirmasens hängende Wolkenwand gerichtet. In Richtung Vinningen kam allerdings schon wieder die Sonne raus. Nass wurde ich nur gegen Ende und von hinten, als ich runter zur Eichelsbacher Mühle fuhr.

Thortysseus beendete seine legendäre Irrfahrt kurz vor dem einsetzenden Starkregen. Da er nun bewiesen hat, dass er auch in der Lage ist, über 150 km lange Touren zu fahren, werde ich ihn dieses Jahr noch über die Drei Buchen, Lolosruhe, Kalmit und Johanniskreuz quälen.

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