Wie hieß es noch neulich in einer fehlgeleiteten e-mail aus dem MWVLW?
hörst Du mich lachen? Er kann das aber auch mit den langen Antworten.
Das könnte ich so eins zu eins zurückgeben, denn am 21. April erhielt ich mal ausnahmsweise eine sehr lange e-mail; unter „Aufsicht“ der Staatssekretärin. Auslöser des I-Stempels war eine umfangreiche Anfrage meinerseits, die darauf abzielte, das Ministerium zu einem Eingeständnis zu bringen, dass die Ersatzwege im Sinne des § 7 (2a) FStrG entlang der B 10, die immer noch als „Wirtschaftswege“ nach § 1 (5) LStrG eingestuft sind, zwingend dem öffentlichen Verkehr zu widmen sind.
Ich gestehe der Mitarbeiterin des Ministeriums zu, sich dieses Mal wirklich ausgiebiger mit der Thematik befasst zu haben, unterstelle dieser aber eine einseitige und „ergebnisorientierte“ Sichtweise. Ich zitiere die e-mail im Folgenden abschnittsweise.
vielen Dank für Ihre weitere Email vom 24. März 2020 und die Übersendung der weiteren Rechtsfragen, die ich Ihnen nachfolgend beantworten möchte:
1. „Verursacht eine bewusst vorgesehene, mit den Eigentümern der Wege abgesprochene, planmäßige Führung von auch tatsächlich stattfindendem Radverkehr bspw. mittels des landesweit einheitlichen HBR-Systems oder auch Routen des Mountainbikeparks Pfälzerwald zwingend zu einem Ausschluss des § 1 (5) LStrG und somit einer faktischen Widmungspflicht des vermeintlichen Wirtschaftsweges zu einer öffentlichen Straße (bspw. als eigenständiger Geh- und Radweg oder eine entsprechend widmungsbeschränkte Gemeindestraße)?“
Nein, wie sich bereits aus § 21 Abs. 1, 3 LStrG, § 26 LNatschG, § 59 BNatschG aber auch durch die von der Rechtsprechung entwickelten sonstigen Zugangsansprüche ergibt, wird der Rechtscharakter als Wirtschaftsweg nicht schon durch jeglichen nicht-land-(forst)wirtschaftlichen Verkehr in Frage gestellt. Richtig verstanden ist daher zu unterscheiden zwischen Wegen, die auch anderen Zwecken als der Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke zu dienen bestimmt sind, und Wirtschaftswegen i. S. v. § 1 Abs. 5 LStrG, deren gesetzliche oder satzungsmäßige Zweckbestimmung als Wirtschaftswege durch die Zulassung weiterer Nutzungen jenseits ihrer Zweckbestimmung nicht berührt wird; in diesem Sinne ist auch § 4 Abs. 1 der Mustersatzung des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz (Anhang 5.1) zu verstehen (VG Mainz, 10.8.2016 – 3 K 1487/15.MZ –, juris Rn. 20).
Allerdings kann die Billigung oder gewillkürte Zulassung sonstigen Verkehrs durchaus die Frage nach der Widmung des Wirtschaftsweges zu einer öffentlichen Straße aufwerfen (vgl. Kodal/Krämer, Kapitel 7 Rn. 18.21). Abgesehen davon, dass es darauf keinen subjektiven Anspruch gibt, ist das stets eine Frage des Einzelfalls, i. d. R. der Belegenheitsgemeinde, wobei sich zwar mit zunehmendem Verkehr der Ermessensspielraum reduzieren wird, jedoch die Wertung des Gesetzgebers, das Radfahren auf Wirtschaftswegen grundsätzlich zu gestatten (26 LNatSchG) in diese Bewertung mit einzubeziehen ist.
Das einleitende Nein kann ich auch auf Basis der Erläuterung nicht nachvollziehen. In meiner Korespondenz hatte ich unter anderem auf die Passagen mehrerer Urteile verwiesen, über die ich in einem Beitrag zu einem Urteil über das Thema Satzung und Widmung gestolpert war. Dabei hatte mich schon irritiert, dass derartigen Satzungen eine die (höherrangigen) Regelungen des LStrG „ergänzende“, überschneidende, wenn nicht gar überlagernde Bedeutung zugesprochen wird, die sich nach meiner Lesart aus dem LStrG gar nicht ergibt. Noch einmal; der Wortlaut des § 1 (5) LStrG:
Wege, die ausschließlich der Bewirtschaftung land- oder forstwirtschaftlicher Grundstücke dienen (Wirtschaftswege), sind nicht öffentliche Straßen.
Das Wort „ausschließlich“ ist für mich unmissverständlich – und daher auch indiskutabel. In Bezug zu den ja auch nicht überall existierenden Satzungen wird in der Rechtsprechung teils darauf abgezielt, dass es auf das Wort „dienen“ ankäme. Wenn ich an derartige Wege HBR-Wegweiser hinstelle und diese (auch von Seiten des Ministeriums) dadurch entstehenden Routen als „Radwege-Netz“ bezeichne und bewerbe, handelt es sich nicht mehr um „Wirtschaftswege“, sondern um dem Radverkehr zu widmende Straßen, auf denen (auch straßenverkehrsrechtlich!) öffentlicher Verkehr stattfindet. Diese „Dienstbarkeit“ hat auch mit dem Straßenrecht nur wenig zu tun – denn es kommt bei der Einstufung und Klassifizierung von Straßen letztlich auf die Verkehrsbedeutung an; siehe §§ 2 und 3 LStrG. § 2 stellt kurz und knapp Folgendes klar:
Die öffentlichen Straßen haben den Bedürfnissen des überregionalen, regionalen, flächenerschließenden und innerörtlichen Verkehrs zu entsprechen.
Daran knüpft der § 3 an, der auf die Verkehrsbedeutung verweist. Diese ist im Zuge einer (alternativlosen) Bundesstraße für den Radverkehr identisch mit dem des Kfz-Verkehrs. Daher haben meiner Ansicht nach alle Ersatzstraßen und -wege entlang der B 10 mindestens als Kreis-, wenn nicht gar Landesstraßen eingestuft zu werden; gerade dann, wenn jene (wie an der B 10 oder auch an der B 50) zu Kraftfahrstraßen umgewandelt werden. Die spezialgesetzlichen Regelungen, die das Radfahren auf Feld- und Waldwegen auf einer anderen Basis gestatten, greifen durchaus – und zwar für all jene Wege, an denen keine Wegweiser aufgestellt werden; die eben nicht ausdrücklich dem Radverkehr „dienen“.
Immerhin gesteht das Ministerium ein, dass der Ermessensspielraum der Wegeigentümer nicht grenzenlos ist. Genau dann kann ich aber nicht verstehen, warum die für die Lenkung des Ermessens der unterordneten Behörden zuständige oberste Landesbehörde (MWVLW) die Zustände an der B 10 betreffend weiterhin nicht auf eine steuernde Art und Weise eingreifen will?
2. „Gilt dies auch insbesondere dann, wenn die entsprechenden Wege im Zuge einer für den Radverkehr gesperrten Bundesstraße (Kraftfahrstraße oder Zeichen 254 StVO) den von dieser Straße verdrängten Radverkehr jener Straße (bspw. entlang der B 10 zwischen Pirmasens und Rinnthal) aufnehmen sollen? Ich verweise hierzu auch auf die „Grundsätze 2008″ des Bundesverkehrsministeriums.“
Ich verstehe Ihre Frage dahingehend, dass Sie auf ein entsprechendes Potential für Synergieeffekte bei der Planung des Großräumigen Radwegenetzes und der überörtlichen Wirtschaftswege hinweisen wollen. Die Landesregierung setzt sich für die Gleichwertigkeit der unterschiedlichen Mobilitätsmöglichkeiten ein. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sind unterschiedlich und haben im Rahmen des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gem. Art. 2 Abs. 1 GG die Möglichkeit, eigenständig zu entscheiden, wie Sie von A nach B kommen wollen. Der Staats setzt dann entsprechend über die in meiner letzten Email dargelegten Gesetze bzgl. des Straßenrechts einen gesetzlichen Rahmen, den der Einzelne zu berücksichtigen hat. Des Weiteren ist bei der Rechtsanwendung das Recht auf kommunale Selbstbestimmung gem. Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 49 Abs. 1 und 3 LVerf zu beachten. Letzterer findet z.B. seinen Ausdruck in § 26 Abs. 1 Satz 3 LNatSchG, wonach die zuständigen Gemeinden durch Satzung die Entmischung des Reit-, Fahr- und Fußgängerverkehrs regeln können, wenn hierfür ein öffentliches Interesse oder schutzwürdige Interessen der Grundstückseigentümerinnen oder Grundstückseigentümer bestehen.
Was sind bitteschön „überörtliche Wirtschaftswege“? Quod erat demonstrandum. Das Ministerium spricht hier selbst von einem „großräumigen Radwegenetz„. „Interessant“ finde ich die Ansicht, dass die Wahl- und Handlungsfreiheit des Bürgers, mit welchem Verkehrsmittel er seine Wege bewältigen will, vom Gesetzgeber quasi eingeschränkt werden dürfe. Wenn also wie es entlang der B 10 seit über 20 Jahren der Fall ist keine ganzjährig sicheren Alternativen vorlägen, hätte der Radfahrer also: Pech. „Kauf dir halt ein Auto!“ Schließlich sei die „kommunale Selbstbestimmung“ der Gemeinden wichtiger?
Im Gegenteil: Das Ministerium bescheidet sich hier selbst, die Interessen des regionalen und überregionalen Radverkehrs dadurch zu missachten, diesem erst gar keine öffentlichen Straßen anzubieten. Der Radverkehr auf der B 10 wird einfach verboten – und kann schauen, wo er bleibt. Das ist meiner Ansicht nach das unverhohlene Eingeständnis einer offenen Diskriminierung dieses Verkehrsmittels.
Der wiederholte Verweis auf das LNatSchG geht ebenfalls erneut am Thema vorbei; vor allem, weil eine „Entmischung“ logischerweise ja nur dann notwendig werden kann, wenn bereits in einem nennenswerten Ausmaß öffentlicher, „problematischer“ Verkehr stattfindet. Aber genau dann greifen die Regelungen des bundeseinheitlichen Straßenverkehrsrechts; meiner Ansicht nach ist die Regelung im LNatSchG eigentlich verfassungswidrig; diese Norm attestiert sich dies quasi selbst.
3. „Der Bund hat sich bspw. in der Vergangenheit laut einer mir vorliegenden Vereinbarung u. a. mit der Eigentümerin (VG Hauenstein) an den Kosten für den Ausbau des Weges zwischen Hinterweidenthal und Hauenstein beteiligt. In dieser wurde eindeutig klargestellt, dass hier ein Geh- und Radweg im Zusammenhang mit der B 10 finanziert wird. Wie kann es jedoch sein, dass dieser ausdrücklich Radverkehrszwecken dienende Weg jedoch nie als Geh- und Radweg gewidmet wurde? Wie kann es sein, dass auf diesem Weg im Winter nicht geräumt und gestreut wird?“
Ihre weitere Fragen beziehen sich auf diesen gleichgeordneten Sachverhalt, weshalb ich diese zu einem einheitlichen „Rechtskreis“ zusammenfasse.
Auf öffentlichen (gewidmeten) Straßen gibt es regelmäßig keine Winterdienstpflicht zugunsten des Radverkehrs (BGH, 20.10.1994 – III ZR 60/94 –, BayVBl 1995 S. 542).
Auf Wirtschaftswegen gilt insoweit Folgendes: Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu öffentlichen Wegen, wonach von Gemeinden nicht die Erfüllung inhaltlich unbegrenzter Winterdienstpflichten gefordert werden kann, sondern die unter den Vorbehalt der zumutbaren Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen gestellten Winterdienstpflichten nur dann bestehen, wenn die Gefährlichkeit (im Außenbereich: besondere Gefährlichkeit) und Verkehrswichtigkeit des Verkehrsweges ein Tätigwerden in Form des Räumens und Streuens erfordern, besteht in aller Regel keine Verpflichtung zur Wahrnehmung eines Winterdienstes, denn bei Wirtschaftswegen fehlt es bereits regelmäßig an der erforderlichen Verkehrswichtigkeit (vgl. auch Braun, BADK-Information 1997, 114 [119]); im Übrigen spricht gegen eine Pflicht zum Winterdienst schon ganz allgemein die Zweckbestimmung der Wirtschaftswege (VGH München. 6.4.2004, NVwZ-RR 2005 S. 59; VG Koblenz, 15.1.1986 – 1 L 99/85. KO –). Die Streupflicht einer ländlichen Gemeinde reicht nicht so weit, jeden Wirtschaftsweg außerhalb der geschlossenen Ortslage eisfrei zu halten. Dies gilt auch dann, wenn das Gebiet touristisch erschlossen ist (LG Flensburg, 30.1.2004, 2 O 345/03). Auch aus dem Anliegergebrauch ergibt sich kein Anspruch auf eine gemeindliche Schneeräumung auf einem Wirtschaftsweg (vgl. VGH München, 6.4.2004, NVwZ-RR 2005 S. 59).
Wird hingegen ein unbeschränkter Verkehr auf dem Wirtschaftsweg geduldet, erhöhen sich zwar grundsätzlich die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht entsprechend dem tatsächlichen Verkehr, jedoch werden auch hier unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu öffentlichen Wegen Winterdienstpflichten nur dann bestehen, wenn die Gefährlichkeit und Verkehrswichtigkeit des Verkehrsweges ein Tätigwerden in Form des Räumens und Streuens erfordern. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass regelmäßig keine Ansprüche der Anlieger an Wirtschaftswegen auf Wahrnehmung des Winterdienstes durch den gemeindlichen Verkehrssicherungspflichtigen bestehen, gleichviel, ob der Wirtschaftsweg innerhalb oder außerhalb der geschlossenen Ortslage verläuft.
Erstaunlich, wie man auch mit einem derart langen Text vollkommen das Thema verfehlen kann. Die „Verkehrswichtigkeit“ ist angesichts der Einstufung der nebenbei immer noch uneingeschränkt dem öffentlichen Verkehr gewidmeten, also nicht teileingezogenen, zukünftig zur durchgehend vierspurigen Kraftfahrstraße ausgebaut werden sollenden B 10 derart eindeutig, wie es eindeutiger kaum sein könnte. Das gilt natürlich auch für den (von dieser verdrängten) Radverkehr!
Am vergangenen Freitag (dem 24. April) hatte ich mich mal für etwa 20 Minuten auf die Bank an der Wartbachquelle gesetzt und eine kleine „Verkehrszählung“ durchgeführt. Anschließend habe ich auch noch jene, die mir in Richtung Hinterweidenthal entgegenfuhren, gezählt. Es waren immerhin 20 innerhalb von 35 Minuten. In dieser Zeit fuhr nur ein Kfz eines Försters an mir vorbei.
Ich weiß ja, dass auch das MWVLW meinen Blog relativ intensiv verfolgt. Warum geht das Ministerium auch in dieser Stellungnahme mit keinem Wort auf die „Grundsätze 2008“ des Bundesverkehrsministeriums ein? Ja, warum wird auch die von mir in meiner Korrespondenz auch bewusst „verschwiegene“ Drucksache 19/13895 des Deutschen Bundestages auch im MWVLW weiterhin völlig ignoriert? Es ist ja schon beschämend genug, dass der parlamentarische Staatssekretär Ferlemann, der jene Antwort des BMVI selbst unterzeichnet hat, sich weiterhin weigert, zu meinen Fragen Stellung zu beziehen, warum das BMVI im Falle der B 10 in ihren Stinkefingern gleichenden Antworten die eigenen Stellungnahmen gegenüber dem Parlament ignoriert?
4. „Ebenfalls eine wichtige Frage: Ab wann gilt ein „Wirtschaftsweg“ für den öffentlichen Verkehr zugelassen? Reicht hierzu bereits eine straßenverkehrsrechtliche Freigabe aus, die über das Zusatzzeichen „land- und forstwirtschaftlicher Verkehr frei“ hinausgeht (bspw. „Radverkehr / Anlieger frei“)?“
Auf einem Wirtschaftsweg findet auch öffentlicher Verkehr statt; die Beschränkung auf land- und forstwirtschaftlichen Verkehr (zzgl. Fußgänger und Radler nach § 26 LNatschG, § 59 BNatschG) steht dem nicht entgegen (OVG RhPf, 6.10.2014 – 1 A 10855/13 –, GV 2015/330; ausdrücklich zu einem Wirtschaftsweg: VG Koblenz, 7.11.2011 – 4 K 349/11. KO –; OLG Koblenz, 13.2.2006, NJW-RR 2006 S. 603; OLG Zweibrücken, 22.9.1989, VersR 1991 S. 827), es bedarf keiner verkehrsrechtlichen Freigabe. Allerdings ändert dies nicht an dem Grundsatz, dass eine Widmung gem. § 1 Abs. 2 LStrG erforderlich ist, damit eine „öffentliche Straße“ i.S. des Landesstraßengesetzes vorliegt.
Um die verlinkten Urteile im Detail zu überprüfen, fehlt mir derzeit die Zeit; zumal ich davon ausgehe, dass jene im Internet nicht frei verfügbar sein werden. Ja, auf einem Wirtschaftsweg kann öffentlicher Verkehr stattfinden; genau das wird ja durch eine straßenverkehrsrechtliche Freigabe des Anlieger- oder Radverkehrs per Zusatzzeichen klargestellt. „Interessant“ ist aber die beiläufige Behauptung, dass es keiner verkehrsrechtlichen Freigabe bedürfe. Radfahrer dürfen also doch oder sogar
missachten?
Auch hat mich Staatssekretärin Daniela Schmitt gebeten, eine weitere Frage von Ihnen zu beantworten, die Sie in einer Email vom 05. April 2020 an sie gerichtet hatten.
Demnach wollten Sie wissen, was das MWVLW konkret tun würde, um zukünftig einen ganzjährig sicheren und gleichberechtigten Radverkehr entlang der B 10 im Pfälzerwald zu garantieren.
Die Frage beinhaltet auch die Frage nach der Winterdienstpflicht, so dass ich insoweit auf meine Antwort zu Ziffer 3 verweisen möchte.
Zudem hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in einem Schreiben vom 03. März 2020, das mir vorliegt, die Frage dahingehend beantwortet, dass sich weder aus dem FStrG noch aus dem LStrG eine Pflicht eines Straßenbaulastträgers und damit ein Anspruch auf schneefreie Straßen oder Radwege außerhalb geschlossener Ortschaften ableiten lässt. Dies gilt unabhängig vom Baulastträger.
Im übrigen möchte ich Ihnen anbieten, dass ich Sie gerne anrufe, um mit Ihnen ein sachlich-konstruktives Gespräch über die verschiedenen Fragestellungen zu führen. Wenn Sie mir Ihre Telefonnummer mitteilen, rufe ich Sie gerne an.
Bezüglich dieses Abschnitts verweise ich auf meine Antwort per e-mail vom 22. April 2020.
ich bedanke mich für die umfangreiche, jedoch im Ergebnis in jeder Hinsicht enttäuschende Antwort.
Eine genauere Kommentierung Ihrer Ausführungen spare ich mir vorerst. Dies auch deshalb, weil ich leider weiterhin keinerlei Willen erkenne, die Belange des Radverkehrs von Seiten des Ministeriums ernst zu nehmen und entsprechende Maßnahmen in die Wege zu leiten. Sie rühmen sich regelmäßig für den Bau teils vollkommen überflüssiger straßenbegleitender oder touristischer „Radwege“ bzw. fragwürdiger „Pendler-Radrouten“ – aber verschließen in Sachen B 10 weiterhin die Augen und Ohren.
Insbesondere der Verweis auf die Antwort des BMVI auf meine Rechts- und Fachaufsichtsbeschwerde gegen das Land Rheinland-Pfalz, welches nachweislich nahezu alle meine Argumente und Fakten ignoriert hat, irritiert mich sehr. Warum ist Ihnen diese Antwort überhaupt bekannt? Warum arbeitet eine Fach- und Rechtsaufsichtsbehörde des Bundes, die die untergeordneten Behörden kontrollieren soll, mit diesen zusammen an einem gemeinsamen Ziel: der weiteren Diskriminierung des Radverkehrs im Zuge der in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig gesperrten B 10 im Pfälzerwald? So etwas verträgt sich auch überhaupt nicht mit meiner Vorstellung von vertikaler Gewaltenteilung.
Auch Sie gehen in Ihrer Antwort nicht auf die Regelungen in den „Grundsätzen 2008“ als auch das Rechtsgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages ein. Ihre Argumentation, dass bei vorliegendem Winterdienst auf der B 10 dem Radverkehr (gem. Art. 3 GG) hingegen kein Solcher zustünde, ist für mich nicht nachvollziehbar. Zumal sich eben sehr wohl aus dem FStrG, als auch dem LStrG Winterdienstpflichten ergeben.
Die „Windungen“, die vollzogen werden, um eindeutig und ausdrücklich für Radverkehrszwecke hergestellte und ausgebaute Wege weiterhin als „Wirtschaftswege“ eingestuft zu lassen, zeugen in meinen Augen ebenfalls von einer völlig unzeitgemäßen, nur Kfz-Verkehr als „echten“ Verkehr verstehenden Ignoranz einer obersten Landesbehörde. Um den Radverkehr von der B 10 runterzukriegen, hat man überall „Radwege“ gesehen – wo noch nie welche waren. Und auch bis heute keine sind – obwohl der Bund den Ausbau dieser Wege mitfinanziert hat. Ich habe für eine derart beliebige Willkür keinerlei Verständnis!
Maßgeblich für die Verkehrssicherungspflichten ist das LStrG. Und alleine auf dessen Basis haben auch Verkehrswege klassifiziert bzw. eingestuft zu werden. Der § 1 (5) LStrG ist (vor allem im Hinblick auf die Regelungen in anderen Bundesländern) meines Erachtens unmissverständlich formuliert. Eine anderweitige, nur „geduldete“ Mitnutzung auf Basis anderer Gesetze verdeutlicht wieder, welchen geringen Stellenwert der Radverkehr als Verkehrsart hat: Keinen.
Ich bedanke mich für das Angebot eines Gesprächs. Ich ziehe allerdings nicht nur hinsichtlich meines Blogs eine dokumentierte Kommunikationsform der fernmündlichen vor. Sofern Sie oder Frau Schmitt jedoch in näherer Zukunft zufällig einen Termin in Pirmasens wahrnehmen sollten, dürften Sie mir gerne ein Treffen vorschlagen.
Im Endeffekt verstehe ich Ihre Antwort jedoch so: Das MWVLW hält es für rechtmäßig, dass der Radverkehr seit über 20 Jahren von einer uneingeschränkt dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Bundesstraße „verwiesen“ wurde. Einer Bundesstraße, auf der im Winter regelm. mit allerhöchster Priorität gestreut und geräumt wird. Während sich die von dieser Straße auf vereiste „Wirtschaftswege“ verdrängten Radfahrer weiterhin „auf eigene Gefahr“ die Knochen brechen dürfen?
JEDER Verkehrsteilnehmer hat gem. Art. 3 GG das Recht, im Winter sicher von A nach B zu kommen. Nicht jeder hat freie Verkehrsmittelwahl – und nicht jeder möchte ein Auto besitzen. Wenn die Sicherheit des Radverkehrs im Zuge einer verkehrlich bedeutenden Bundesstraße auf „Wirtschaftswegen“ nicht gewährleistet werden kann, müssen eben die klassifizierten, öffentlichen Straßen für den Radverkehr freigegeben werden. Alles andere ist Diskriminierung in Ihrer härtesten Form!
Zu weiteren Einzelheiten Ihres Schreibens werde ich in einer weiteren e-mail Stellung nehmen.
Ich muss anhand dieser e-mail letzten Endes leider feststellen, dass meine hier abschließend geäußerte Hoffnung sich offensichtlich nicht erfüllen wird. Weil nicht nur das MWVLW, sondern auch das BMVI weiterhin kein Interesse daran hat, entlang der B 10 zukünftig einen ganzjährig sicheren Radverkehr zu garantieren!
Soweit die Antwort vollständig dokumentiert ist, kann ich die innere Logik und Stringenz der Argumentation nicht erkennen – auch nicht nach erneuter Lektüre mit ein paar Wochen Abstand.
Interessant ist noch, dass Teil 6 des LNatschG mit Erholung in Natur und Landschaft überschrieben ist und somit gar keine Regelungen zu Radverkehr trifft, der nicht der Erholung sondern der Ortsveränderung dient.
http://landesrecht.rlp.de/jportal/portal/t/15yr/page/bsrlpprod.psml/action/portlets.jw.MainAction?p1=11&eventSubmit_doNavigate=searchInSubtreeTOC&showdoccase=1&doc.hl=0&doc.id=jlr-NatSchGRP2015pG10&doc.part=G&toc.poskey=#focuspoint
Auch § 59 BNatSchG zielt auf die Freizeit ab.
https://www.gesetze-im-internet.de/bnatschg_2009/__59.html
Man könnte natürlich sagen, Radverkehr diene immer der Erholung, aber dann wären Schutzstreifen mit 1,25 m neben parkenden Autos verboten.
Das beruhigt mich. 😉 Das Naturschutzrecht hat mit der ganzen Thematik so oder so nix zu tun; das ist ein absolut jämmerlicher Strohmann, um eine völlig substanzlose Antwort künstlich aufzublasen. Maßgeblich ist das LStrG. Ich „hoffe“, dass mir demnächst die Gelegenheit geboten wird, die Frage, ob (selbständige) „Radwege“ als Radwege gewidmet werden müssen, strafrechtlich klären zu lassen.
Das BMVI ignoriert übrigens auch formelle Anträge nach dem IFG; da lief gestern die Monatsfrist ab. So ist das halt, wenn man sich vor lauter Widersprüchen in eine ausweglose Sackgasse manövriert hat.
Schön übrigens, dass du ab und an noch vorbeischaust. Andererseits seltsam, dass dich die Corona-Rechtsfragen (im Gegensatz zum Frühjahr) scheinbar gar nicht mehr interessieren? 😛
Ich sehe das Problem eher darin, dass im Naturschutzrecht ganz andere Fragen geklärt werden sollen als Straßenverkehrsrecht und dabei ähnliche Begrifflichkeiten womöglich was ganz anderes meinen. Es fehlt schlicht an einer Legaldefinition der Bezüge zueinander. Darein gehört für mich die Klarstellung, dass VZ wirklich nur von der SVB angeordnet werden dürfen.
Das hatten wir ja schon mehrfach; dass landesrechtliche Verkehrsregelungen lt. GG generell unzulässig und damit verfassungswidrig sind. Nur: Wer zieht in diesem Unrechtsstaat so eine Frage mal juristisch durch bis nach Karlsruhe? Eine „Klarstellung“, dass Vz nur von der StVB (nur auf Basis straßenverkehrsrechtlicher Gründe) angeordnet werden dürfen, steht ja bereits im § 45 StVO.
Somit kommt den Regelungen wohl ermessenslenkende oder ermessensreduzierende Bedeutung zu für die Straßenverkehrsbehörden, oder nicht?
Vermutlich ja – der Übergang vom einen in den anderen Rechtsbereich ist juristisch auf jeden Fall „spannend“. Ich kann nicht sagen, wie das in anderen Ländern geregelt ist. Je nach landesnaturschutzrechtlicher Regelung bräuchtest du noch nicht einmal ein Z 250 oder ein sonstiges Verkehrsverbotsschild, weil du es durchaus ja darüber (Naturschutz) legitim begründen kannst, dass man mit Kfz nicht oder nur in besonderen Fällen über die Wiese oder über Feldwege brettern darf. Dann steht da auch nicht die Verkehrsregelung an sich im Vordergrund. Nur tut man in der Praxis genau das – man stellt da (meist ohne Anordnung) Millionen von Z 250 auf – und eröffnet somit erst den rechtlichen Geltungsbereich des (die Landesregelungen dann eindeutig überlagernden) Straßenverkehrsrechts. Was natürlich andererseits wegen der vielfältigen Formen von Anliegerverkehr aber durchaus auch korrekt ist.
Das rechtliche Schicksal des Radverkehrs in diesem ganzen Gewirr spielt halt erst Recht keine Rolle. Ich scheine halt wirklich einer der ersten zu sein, der sich mit dieser Thematik in Deutschland etwas eingehender befasst. Das (sich auch in den fehlenden Kommentaren widerspiegelnde) Desinteresse zeigt jedoch, dass wir von einer „Rechtsfortbildung“ dbzgl. Lichtjahre entfernt sind. Siehe auch die nicht vorhandene Spendenbereitschaft meiner (wenigen) Leser aus dem Bereich Radverkehr. Dass ich inzwischen fast nur noch über Corona blogge, liegt nicht nur an den deutlich höheren Zugriffszahlen.
Naja, das Land Sachsen hat 2015 zu Fragen in diesem Zusammenhang ein Rechtsgutachten erstellen lassen.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SächsNatSchG darf nämlich die freie Landschaft von allen zum Zwecke der Erholung unentgeltlich betreten werden. Hier stellt sich zunächst die Frage, ob § 27 Sächs-NatSchG überhaupt auf öffentliche Straßen und Wege anwendbar ist. Für die mit § 27 SächsNatSchG korrespondierende Norm – § 59 BNatSchG – bestehen hier unterschiedliche Auffassungen. Nach der einen Meinung gilt die bundesrechtliche Norm nur für Privatwege, nach der anderen Meinung auch für öffentlich gewidmete Straßen und Wege. Wir halten diesen Meinungsstreit allerdings für theoretisch, und zwar nicht nur für das Bundesrecht, sondern auch für § 27 SächsNatSchG. Eine (zulässige) straßenrechtliche Nutzungsbeschränkung, die den nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SächsNatSchG Berechtigten das Betreten öffentlicher Straßen und Wege aus straßenrechtlichen – nicht etwa aus straßenverkehrsrechtlichen Gründen (Verkehrssicherheit) – verwehrt, ist schwerlich denkbar. So wäre es schon nach allgemeinen straßenrechtlichen Grundsätzen unzulässig, den „Freizeitverkehr“ (Fußgänger/Wanderer und Radfahrer) von der Nutzung auszuschließen, weil der Ausschluss auf einer straßenrechtlich verbotenen, weil auf „rein subjektive Beschränkungen“ abstellenden Differenzierung handelt. Auch mit einer vorangehenden Planungsentscheidung wird man diese Differenzierung kaum begründen können. Entsprechend wird auch in der Kommentarliteratur zu § 59 BNatSchG diesem Meinungsstreit allenfalls geringe Bedeutung zugemessen. Wohl aus diesem Grund hat die juristische Literatur das Verhältnis von Straßenrecht und naturschutzrechtlichen Betretungsrechten dogmatisch bislang nicht aufgearbeitet.
Danke für den Hinweis. Nur leider spielt das Thema hier ja nur eine minimale Rolle; die Wege entlang der B 10 müssen (mind. als selbständige Radwege) gewidmet werden. Punkt. Ausrufezeichen!