Pressefreiheit ist die Freiheit von zweihundert reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten. Frei ist, wer reich ist. Das Verhängnis besteht darin, daß die Besitzer der Zeitungen den Redakteuren immer weniger Freiheit lassen, daß sie ihnen immer mehr ihren Willen aufzwingen.
Ein altes Zitat von Paul Sethe. Der Chefredakteur der Rheinpfalz hat am 3. Mai einen Leitartikel über die „Pressefreiheit“ verfasst. Welcher förmlich danach schreit, von mir kommentiert zu werden.
Es gibt da in der Pfalz nämlich einen Bürger, der sich seit rund einem Jahrzehnt engagiert. Der der Verwaltung auf die Nerven geht; wie wohl kaum ein zweiter in dieser obrigkeitshörigen Stadt. Der sich im Alltag mit den Folgen behördlicher Inkompetenz herumschlagen muss. Der als Verkehrsteilnehmer seit Jahrzehnten systematisch diskriminiert wird. Den die Verwaltung auf gemeingefährliche „Infrastruktur“ zwingen und absteigen lassen will. Der zu vielen Themen und Sachverhalten tiefgreifend recherchiert und somit seit vielen Jahren die Aufgabe nicht nur des lokalen Journalismus erledigt. Ohne, dass es jemals auch nur von irgendwem gewürdigt worden wäre.
Doch dieser lokale Journalismus verhält sich ihm gegenüber in der gleichen Weise wie Politik und Verwaltung. Dieser Lokaljournalismus reagiert nicht auf dessen Engagement. Dessen Kritik. Dessen Hinweise und Themenvorschläge. Er ignoriert diesen Bürger vollständig. Dieser Bürger hat folglich nach vielen Jahren hin und wieder von einer derartigen Ignoranz die Schnauze voll und kritisiert dies anlässlich einer (wiederholten) Nichtveröffentlichung eines Leserbriefes, dessen Veröffentlichung man ihm zuvor zugesagt hatte.
Dieser Bürger bin ich. Am 16. November 2024 endete meine (rechte einseitige) „Beziehung“ zur Rheinpfalz mit der im Folgenden dokumentierten e-mail.
Guten Morgen,
ich würde ja hierzu als Teilnehmer des letzten „Workshops“ zum Thema Mobilität (erneut) einen Leserbrief verfassen.
Da die Rheinpfalz jedoch von (wirklicher) Bürgerbeteiligung exakt soviel hält wie die Stadtverwaltung, indem sie Bürger, die sich seit Jahren gegen viele Widerstände in einer vom Kfz beherrschten Stadt für Verbesserungen beim Rad- und Fußverkehr engagieren, aus dem Diskurs ausgrenzt, indem sie bspw. sachliche Leserbriefe nicht veröffentlicht, über Anfragen im Stadtrat und sonstige Aktionen einfach nicht berichtet und mit jenen Bürgern auch nicht das Gespräch sucht, spare ich mir erneut diese überflüssige Arbeit.
Ihre „Zeitung“ unterscheidet sich nämlich in keiner Weise von der (intransparenten und an wirklicher Beteiligung uninteressierten) Verwaltung.
Mit freundlichen Grüßen
Dennis Schneble
Zu diesem Artikel bzw. Kommentar (der inzwischen wieder hinter einer Paywall versteckt ist) gäbe es nämlich noch mehr zu schreiben, was ich jedoch während meiner privaten Blogphase nicht für notwendig hielt. Er steht nämlich auch sinnbildlich für die Verlogenheit des Lokaljournalismus und der Kumpanei mit der Politik.
Denn jener Artikel wurde von jenem Mitarbeiter verfasst, mit welchem ich mich über die Jahre wenigstens ab und an auszutauschen versuchte; der mich allerdings auch schon vor mehr als 7 Jahren in Sachen B 10 eiskalt im Stich ließ. Zur Leitbildgeschichte schrieb er mir anlässlich meiner Ankündigung, dass ich mir das auch mal antun werde, dass das außer viel heißer Luft nichts bewirken würde. Und dann kritisiert derselbe Journalist in seinem Artikel die Bürger, dass sie sich nicht an einer derartigen Alibi-Veranstaltung beteiligen wollen?
Auch jene von zwei Mitarbeitern der Agentur Reppa geleitete Veranstaltung zum Thema Mobilität war letzten Endes (wie bspw. auch jene zum Verkehrsentwicklungsplan) auch wieder nichts anderes als eine folgenlose Schein-Bürgerbeteiligung zur Generierung heißer Luft. Ich spare mir hier die Schilderung von Details. Schon die dreigliedrige Grundstruktur des „Workshops“ lief darauf hinaus, dem Bürger die Grenzen aufzuzeigen und bei ihm Verständnis dafür zu wecken, dass sich viele seiner Wünsche eben gar nicht realisieren lassen.
Zuerst durfte man (aufgeteilt in vier Gruppen zu je 8 bis 10 Personen) nämlich in einer allgemeinen Weise herumspinnen. Die Ziele konnten und durften nicht groß genug sein. In der zweiten Runde sollten aus diesen dann wiederum Einzelmaßnahmen abgeleitet werden, welche dann in der dritten Runde kritisiert werden sollten.
Beim Bürger blieb also im Wesentlichen die Botschaft hängen, dass die Verwaltung am Ende genügend Gründe haben wird, nichts zu tun. Jene war übrigens sogar mit einer eigenen Gruppe am Start, was allerdings auch nicht wirklich transparent kommuniziert wurde; ebenso wenig, wie dass das keine Freizeit war, sondern dass die Teilnahme daran als (lockere) Arbeitszeit vergolten wurde. Dies wurde (immerhin) auch im oben verlinkten Artikel verhalten kritisiert.
Zu welchem ich eben gerne einen Leserbrief verfasst hätte, wenn mir die Rheinpfalz eben nicht die mir zugesagte Veröffentlichung des letzten Leserbriefs erneut verweigert hätte. Auf die oben dokumentierte Kritik erhielt ich zum ersten und einzigen Male eine e-mail von Andreas Ganter, dem Chefredakteur der Rheinpfalz. In dieser verbat er sich den „herablassenden Ton“ meiner Mail. Ich solle die Rheinpfalz bitte zukünftig mit Zuschriften dieser Art verschonen.
Seinem Wunsch entsprach ich natürlich. Auch wenn es mich unheimlich gereizt hatte, umgehend auf seinen Vorwurf, ich würde mich „herablassend“ äußern, einzugehen. Nicht nur, weil dieser Vorwurf eine völlige Umkehrung der Realität darstellte. Mir hätte jedenfalls definitiv kein passenderer Ausdruck für das Verhalten seiner Zeitung in Bezug zu meinen unzähligen ignorierten Hinweisen einfallen können, als „herablassend“. Man wollte mir bspw. nach dem Scheitern meiner Klage vor dem Verwaltungsgericht nicht einmal den Abdruck eines Leserbriefs garantieren. Stattdessen schloss man das Thema mit einer vom Umfang her stark eingeschränkten Stellungnahme meinerseits ab.
Auch erwähnen muss ich in diesem Zusammenhang, dass ich anlässlich der Einrichtung der illegalen Umleitung im April 2023 ausnahmsweise mal direkt zur Redaktion der Rheinpfalz fuhr, um mich spontan mit Klaus Kadel-Magin darüber zu unterhalten. In unserem Gespräch erwähnte er u. a., dass es auf Beiträge, die mich und mein Engagement zum Thema hatten, Kritik von außen gegeben hätte. Sinngemäß: „Dieser Schneble war jetzt oft genug in der Zeitung!“ Ob jene Kritik aus den Kreisen der Verwaltung und Politik oder nur von genervten Bürgern kam, kann ich nicht sagen. Dennoch scheint jene gewirkt zu haben, denn ich kam weiterhin wenig bis überhaupt nicht vor. Die (wachsweiche) „Kritik“ an der illegalen Umleitung überließ man lieber dem ADFC.
Die Freiheit der Presse, Bürger zu ignorieren
Kommen wir nun im Kontext dieser Antwort des Chefredakteurs der Rheinpfalz auf meine Kritik daran, dass man mich und meine Arbeit seit über einem halben Jahrzehnt fast vollständig ignoriert, zum aktuellen, am „Tag der Pressefreiheit“ erschienenen Leitartikel.
Unsere Lokalredaktion versucht, so nah an den Südwestpfälzern dran zu sein, wie es geht. Oft gelingt uns das. Am liebsten berichten wir über das, was Menschen unmittelbar betrifft: kommunale Entscheidungen, Schulpolitik, Umweltfragen und mehr.
Seltsam. Ich empfinde keine „Nähe“. Und verstehe es generell nicht, dass so ein Sisyhpos wie ich auf eine Lokalzeitung überhaupt keine Anziehungskraft ausübt? Da hat man einen sich seit Jahren engagierenden Radaktivisten direkt vor der Haustür sitzen, den man in dieser autoverrückten Stadt ja auch ganz einfach böswillig verheizen könnte. Schließlich eignet sich das Thema Straßenverkehr ja sehr gut zur Polarisierung und Spaltung. Ich bin mir auch relativ sicher, dass Beiträge über meine Themen für viele Klicks und Hater-Kommentare sorgen würden.
Gut, vermutlich liegt es halt auch daran, dass ich eher keine größtenteils medial kreierte Karikatur wie z. B. der „Anzeigenhauptmeister“ bin, sondern dass ich Ahnung habe. Vor allem, als ehemaliger Beamtenantwärter, vom Recht, gegen das unzählige Verwaltungen pausenlos verstoßen. Ich in der Lage bin, mich verständlich zu artikulieren und seit Jahren über das Thema blogge.
Es geht mir – im Gegensatz zum Großteil der sogenannten Radbubble – auch gar nicht pauschal darum, den Kfz-Verkehr madig zu machen oder die Verkehrspolitik für umweltpolitische Ziele zu missbrauchen. Ich will einfach nur nicht diskriminiert und benachteiligt werden. Indem ich Behörden daran erinnere, dass auch sie sich an geltendes Recht zu halten haben.
Genau das ist wohl nicht nur für die Verwaltung zu anstrengend, sondern auch für die Presse. Auf meine Kritik daran, dass man gerade auch meine unzähligen Eingaben zu Rechtsverstößen der Verwaltung von der Rheinpfalz nicht annähernd ernst nehmen würde, schrieb mir Kadel-Magin, dass es mir seiner Meinung nach zu sehr um die „reine Lehre“ gehen würde. Ja, genau. Die Forderung, die Verwaltung habe geltendes Recht einzuhalten, wird auch von den Pirmasenser Medien als „reine Lehre“ verhöhnt.
Immer wieder melden sich Mandatsträger aus der Region bei uns. Wir sind für Kritik offen. (…) Problematisch wird es zudem, wenn Kommunalpolitiker versuchen, Druck auszuüben und missliebige Berichterstattung untersagen wollen. Das ist eine Grenzüberschreitung. Wer über Probleme in Verwaltungen, Fehlplanungen bei Bauprojekten oder Missständen in Pflegeheimen berichtet, braucht Rückgrat – und den Schutz der Pressefreiheit.
Ich bin mir relativ sicher, dass das auch für mein Engagement gilt, welches sehr vielen ein Dorn im Auge ist. Der Chefredakteur der Pirmasenser Zeitung hatte im Frühjahr 2023 mit Sicherheit auch einen Anruf aus dem Rathaus erhalten, nachdem die PZ meinen Leserbrief veröffentlicht hatte, in welchem ich der Verwaltung den vorsätzlichen Bruch des LStrG vorgeworfen hatte.
Aber auch hier die Frage: Warum interessiert sich die Rheinpfalz kein Bisschen für jene „Probleme“ in Verwaltungen, die ich seit nun fast 10 Jahren dokumentiere? Weil sie es selbst für irrelevant hält? Oder weil sie dem Druck (bei so einer unwichtigen Sache) dann einfach nachgibt?
Ob im Stadtrat oder in der Kreisverwaltung – ohne unabhängige Medien fehlt oft die Transparenz.
Es gab da einen Bürger, der im April und September 2024 zwei Anfragen im Stadtrat gestellt hatte. Von diesen Anfragen hat die Öffentlichkeit allerdings nie etwas mitbekommen. Auch nicht über die unverschämte Art und Weise, wie die Stadt auf die zweite Anfrage antwortete.
Warum nicht? Warum sind fragwürdige verkehrspolitische Entscheidungen einer Verwaltung kein Thema für eine Lokalzeitung? Sind sie es erst, wenn dann doch mal einer totgefahren wird? Und was für eine Mitverantwortung hat man dann als Lokalzeitung hierfür?
Lokaljournalismus ergreift keine Partei, muss aber immer auch die Stimme der Schwachen sein. Wir müssen denen eine Plattform bieten, die sonst nicht gehört werden, die keine Beziehung zum Verwaltungschef haben und die bisweilen von Behörden und Institutionen ungerecht behandelt werden.
Tja. Was soll ich bitteschön zu diesem Satz schreiben? Außer, als dass ich ihn als blanken Hohn hinsichtlich meines von dieser Zeitung seit Jahren nahezu vollständig ignoriert werdenden Engagements empfinde. Dass ich die Rheinpfalz inzwischen sogar als Komplizen der Verwaltung betrachte, welche es mir zusammen verunmöglichen, jemals mit dem, was ich als meine Lebensaufgabe und Berufung betrachte, meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Rheinpfalz schweigt mich im wahrsten Sinne des Wortes tot.
Diese Geschichten müssen gründlich recherchiert und erzählt werden. Die Leidtragenden verdienen es. Gerade diese Erlebnisse brauchen Resonanz. Sie brauchen Öffentlichkeit. Wo der Staat willkürlich handelt – und das gibt es auch in der Südwestpfalz –, muss es aufgedeckt werden. Das darf sich nicht wiederholen.
Ich leide. Aber ich verdiene es nicht. Man verwehrt mir diese Resonanz. Ich erhalte keine Öffentlichkeit. Der Staat darf weiter willkürlich handeln – und die Rheinpfalz deckt nicht auf, sondern beteiligt sich an der Vertuschung.
Gerade am Tag der Pressefreiheit darf nicht verschwiegen werden, dass sich der Lokaljournalismus vielerorts in einer Krise befindet.
Und dies völlig zurecht. Ich habe noch nie auch nur einen einzigen Cent für dieses Blatt ausgegeben. Die Gründe habe ich weiter oben bereits erläutert. Ich selbst betreibe seit 2017 Journalismus, welcher ebenfalls von absolut niemandem in Euro und Cent gewürdigt wird. Ich spare mir mein Engagement sprichwörtlich vom Munde ab. Ein Blog wie meiner belegt ganz nebenbei das allgemeine Versagen des Lokaljournalismus; nicht nur auf der verkehrspolitischen Ebene.
Pressefreiheit ist kein Selbstläufer. Sie lebt davon, dass wir sie nutzen, verteidigen und finanzieren. An diesem Tag der Pressefreiheit lade ich Sie ein: Lesen Sie uns kritisch. Geben Sie uns Rückmeldung zu unserer Arbeit. Natürlich freuen wir uns über Lob, aber genauso wichtig sind uns Hinweise auf Missstände und Fehler.
Diese Einladung habe ich angenommen, indem ich Herrn Ganter heute auf dessen damalige Nachricht geantwortet habe; womit ich auch ganz bewusst bis zu einem passenden Anlass warten wollte. Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass auch auf diese „Rückmeldung“ zu den Missständen bei der Rheinpfalz keine Reaktion erfolgen wird. Sie wird weiterhin ihre „Freiheit“ nutzen, mich und meine Arbeit zu verschweigen.
Politik und Behörden wird es freuen.