Die „Schlabbeflicker Tour“

Die Stadt Pirmasens hatte am 15. Oktober eine Pressemeldung herausgegeben, nach welcher sie nicht nur mehrere sogenannte „Wanderwege“, sondern auch eine neue „Radroute“ ausgewiesen hat. Die 34 km lange „Schlabbeflicker Tour“ kommt, wie heutzutage im städtischen Marketing fast unvermeidlich, nicht nur mit einem Deppenleerzeichen daher, sondern zeichnet sich ganz allgemein auch dadurch aus, bedeutsame Fehler und Versäumnisse, die bzgl. des Themas „Radrouten“ in der Stadt mehrfach begangen wurden, hier ein weiteres Mal zu wiederholen. Denn auch jene neue Radroute, welche nach der ironischen Selbstbezeichnung der Pirmasenser Bürger benannt wurde, ist, wie schon damals der „Dynamikum-Rundweg“, abschnittsweise mit Rädern nicht legal befahrbar.

Als ich mich im April 2023 über die illegale Umleitung und das sogenannte „Radverkehrskonzept“ vor dem Stadtrat in Rage redete, merkte ich u. a. an, dass jenes nur die Verkehrsplaner aus Darmstadt reicher machen – und sich an der Art und Weise, wie die Stadt das Thema Radverkehr im Alltag handhabt, absolut nichts ändern wird. So auch in diesem Fall.

Denn die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde denkt auch weiterhin nicht im Traum daran, unzählige, klar rechtswidrig mit Zeichen 250 beschilderte Gemeindestraßen (wie z. B. die Strobelallee) sowie Feld- und Waldwege freizugeben. Obwohl das „Radverkehrskonzept“ (welchem ich immer noch keinen eigenen Beitrag gewidmet habe) zu einem nicht unerheblichen Teil aus simplen StVO-Beschilderungsmängeln besteht, die eigentlich „kurzfristig“ behoben werden sollten.

Nun hat also offenkundig das Stadtmarketing sich diese Radroute ausgedacht. Das ist ja an und für sich keine schlechte Idee; man kommt in der Tat auch an einigen schönen Stellen vorbei. Aber warum hat man sich ein weiteres Mal nicht darum gekümmert, wie die straßenverkehrsrechtliche Beschilderung dort eigentlich aussieht? Ist es wirklich einem Großteil dieser Behördenmenschen nicht bekannt, dass das Zeichen 250 StVO auch den Radverkehr verbietet? Oder ist es diesen Leuten einfach nur egal, weil es ja eh nur um Radfahrer geht?

Es regt mich auf. Auch, weil nach einem Bericht von psst! (einschließlich der Konzeption der „Wanderwege“) 9.000 Euro damit verdient wurden. Und wieder irgendwelche privilegierten Leute mit Vitamin B ihre Ideen umsetzen durften, während man mich und meine Ansichten von Seiten der Stadtverwaltung weiterhin vollkommen ignoriert und so tut, als würde es mich nicht geben.

Dass das Ganze nicht viel gekostet hat, sieht man auch an der Beschilderung dieser „Schlabbeflicker Tour“. Die Route, welche auf dieser Seite genauer vorgestellt wird, ist nicht in das HBR-System eingebunden und auch nur in eine Richtung ausgewiesen. Die Markierung erfolgt überwiegend mittels hingepappter Aufkleber oder kleinerer Tafeln. Über die Routenführung will ich hier nicht viel schreiben. Eine Passage in der offiziellen Beschreibung erfordert allerdings eine Kommentierung.

Die erste Hälfte der Tour verläuft überwiegend straßenbegleitend auf Schutzstreifen, auf gemeinsamen Rad- und Gehwegen oder zum Teil auf Straßen durch die Stadt.

Das ist eigentlich komplett falsch. Es gibt auf dieser Route keinen einzigen „gemeinsamen Rad- und Gehweg“; „straßenbegleitend“ im eigentlichen Sinne ist hier auch nichts. Es gibt lediglich die beschissenen „Schutzstreifen“, vor allem in der Blocksbergstraße und Lemberger Straße. Als auch Abschnitte mit Gehwegfreigaben – auf denen man allerdings nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren darf. Was aber die Stadtverwaltung ganz allgemein noch niemals offen kommuniziert hat.

Dokumentation

Sei es drum. Der offizielle Start- und Zielpunkt ist das Dynamikum. Die Route folgt erst jener des Dynamikum-Rundwegs um den Imserbühl herum und führt anschließend über die Blocksbergstraße (wo man den übelsten Nötigungsstreifen der Stadt genießen darf) und einmal um den Berliner Ring herum. Über die Lemberger Straße geht es rauf auf die Ruhbank und weiter nach Erlenbrunn (hier ist der Gehweg abschnittsweise freigegeben). Ein an den Laternenmast gepappter Aufkleber verweist Radfahrer kurz hinter dem Ortseingang nach rechts auf den Wirtschaftsweg runter zum Bittschachen; einem Ortsteil von Niedersimten. Hier begehen wir dann auch gleich die erste Ordnungswidrigkeit des Tages.

In der Abfahrt hat man einen schönen Blick vor allem rüber auf den Kirchberg. Der Weg ist zwar asphaltiert, weist aber auch einige schadhafte und aktuell im Herbst auch stärker verschmutzte Stellen auf. Konsequent ist, dass man ihn auch in der Gegenrichtung nicht befahren darf.

Dasselbe gilt für den „Alten Innweg“, der grundsätzlich eine Alternative zur L 484 darstellt und direkt rauf auf den Kirchberg führt. Problem: Wir begehen erneut eine 25 Euro teure Ordnungswidrigkeit. Der Wegweiser hängt links am Strommast.

So sehen die Wegweiser übrigens im Detail aus.

Der Alte Innweg befindet sich auch in einem ziemlich schlechten Zustand (einer der zahlreichen verzeichneten Streckenmängel im „Radverkehrskonzept“). Außerdem ist er sehr steil; vor allem im unteren Bereich. Oben angekommen gilt in der Gegenrichtung sogar ein vollständiges Verkehrsverbot; auch Anliegerverkehr ist nicht erlaubt. Das Zeichen 250 ist übrigens nagelneu; der RAL-Aufkleber stammt aus dem Jahr 2025. Für ein Zusatzzeichen 1022-10 war wohl kein Geld mehr da?

Diese Zeichen 250 werden übrigens im „Radverkehrskonzept“ der Stadt bei den „Punktmängeln“ erwähnt. Die beiden am Bittschachen haben die Abschnittsnummern P 26 und P 27, jenes am Alten Innweg P 5 (das andere Ende am Berliner Ring wurde wohl vergessen). Die Route führt anschließend weiter über die Blocksbergstraße nach Winzeln. Hierbei besteht vom Erlenteich bis zur Kreuzung Molkenbrunner Straße eine Gehwegfreigabe.

Am Abzweig der unteren Bottenbacher Straße tauchen die nächsten Wegweiser auf. Man hat sie an den Laternenmast und an die Rückseite eines Verkehrszeichens gepappt. Meines Erachtens ist gerade Letzteres auch ganz allgemein unzulässig.

Der hintere Aufkleber verweist nach rechts auf den zur Luitpoldstraße führenden Feldweg, wo wir die nächste Ordnungswidrigkeit begehen. Auch dieses Zeichen 250 ist als Punktmangel P 74 im „Radverkehrskonzept“ verzeichnet.

Das Ende des Feldwegs. Welcher in die andere Richtung übrigens nicht gesperrt ist.

Links geht es dann über diesen schmalen Gehweg in Richtung Scheuergasse. Den Grundstückseigentümer dazu zu verpflichten, den völlig zugewachsenen Weg freizuschneiden, hielt man wohl auch nicht für nötig? Auf dem Schild steht übrigens, dass der Weg bei Glätte gesperrt ist und das Begehen auf eigene Gefahr erfolgt. Gilt das dann eigentlich auch für das „Befahren“?

Anschließend geht es über den Breitenweg für ein Stück über die illegale Umleitung. Immerhin legal.

Auch wenn der kleine, nur geschotterte Wendeplatz stets für regelmäßige Ärgernisse sorgt.

Am Ende der Elsässer Straße in Gersbach kreuzt von links die Eichelsbacher Straße. Bis heute gibt es dort kein Gefahrzeichen oder Haifischzähne, die dem von links kommenden Verkehr seine Wartepflicht verdeutlichen würden, weshalb man mir dort immer wieder mal die Vorfahrt nimmt. Der Einmündungsbereich auch zur Rotmühlstraße hin ist eh viel zu unübersichtlich. Aber egal. Am linken Schilderpfosten pappt der nächste, nach links weisende Aufkleber.

Folgen wir diesem, können wir hinter dem Friedhof gleich die nächste Ordnungswidrigkeit begehen.

Nach der Schleife um den Wald fahren wir für ein Stück über die Kreisstraße 8 zum Trifter- und Langenbergerhof. Die Kreisstraße endet an Letzterem. Man meint im ersten Moment, man hätte freie Fahrt, wenn man dem gelben Wegweiser, der am Strommast hängt, folgt.

Warum die beiden Verkehrszeichen von den Befestigungen am Mast abgenommen wurden, weiß ich nicht. Hinten an der Kuppe sieht man ein Fahrzeug der Stadt Pirmasens. Ich hatte gehofft, die beiden Insassen würden anhalten und direkt vor meiner Nase die auf der Wiese liegenden Verkehrszeichen wieder anbringen.

Sie fuhren allerdings weiter. Auch diesen Weg dürfen wir mit dem Rad also nicht befahren. Doch es wird noch absurder, denn wir erreichen recht bald den Abzweig zur unteren Harzhütter Klamm, deren Beschilderung ich bereits Anfang 2024 einen eigenen Beitrag spendiert hatte. Der an einen Baum befestigte Wegweiser zeigt nach links.

Und was erwartet uns dort? Das nächste Zeichen 250. Mit einem besonders kreativen Zusatzzeichen.

Auf dessen Rückseite übrigens auch (hinter einem Spinnennetz) ein Aufkleber pappt. Warum auch immer. Es direkt unter das „Radfahrer absteigen“ zu pappen, wäre dann wohl doch eine Nummer zu dreist gewesen?

Man fragt sich, vor allem in Erinnerung an den zugewachsenen Gehweg(!) in Winzeln, warum man hier aufgrund dieser drei kürzeren Engstellen bitteschön auf dem gesamten Abschnitt absteigen und schieben soll? Absteigen und Schieben! Auf einer Radroute! AUF EINER RADROUTE!

Die in der letzten Dokumentation gezeigte Bake ist jedenfalls in der Zwischenzeit auch schon spurlos verschwunden. Im Herbst kann man die Fahrbahn auch nur grob erahnen.

In der Gegenrichtung ist die Nutzung des Weges durch die Klamm natürlich auch weiterhin für Radfahrer verboten.

Im Windsberger Unterdorf geht es dann weiter für ein Stück auf der K 6 bis zum Abzweig auf den „Dynamikum-Rundweg“ durchs Blümelstal.

Ab da ist die Strecke dann auch durchgehend legal. Es gibt aber noch einen Wermutstropfen am Rande der Route bei Hengsberg. Man kann zwar (in der Gegenrichtung) aus Fehrbach kommend legal am Sportplatz links abbiegen und dann über den südöstlich von Hengsberg gelegenen Feldweg runter ins Blümelstal fahren. Illegal ist es allerdings weiterhin, direkt aus der Ortsmitte über die Hanfstraße runter ins Tal zu fahren. Auch dieses Zeichen 250 ist im „Radverkehrskonzept“ unter der Nummer P 55 verzeichnet. Bis heute ist keine Freigabe erfolgt.

Ab Fehrbach geht es dann wieder durch die Stadt. Unter anderem über den beschissenen „Schutzstreifen“ in der Zweibrücker Straße. Ganz geschafft haben wir es aber noch nicht. Denn kurz vorm Ziel müssen wir noch eine legendäre Straße durchqueren, deren Beschilderung ich bereits Anfang 2020 einen Beitrag gewidmet hatte. Es ist nun schon bald 6 – in Worten: sechs – Jahre her. Und über 2,5 Jahre, als ich vor der dritten Kammer des VG Neustadt ein Foto mit dieser absurden Schilderkombination in die Höhe hielt – und verzweifelt fragte, was ich denn gegen eine derart bornierte Verwaltung überhaupt noch tun könne? Die beiden folgenden Fotos entstanden bereits am 11. Oktober, nachdem ich mit dem Dampfzug-Knipsen fertig war.

Nichts kann man tun. In dieser Karikatur eines „Rechtsstaats“. Nun haben sie halt noch unter das Verkehrsverbotsschild und den illegal an den Verkehrszeichenpfosten angebrachten HBR-Wegweiser einen weiteren Radrouten-Aufkleber gepappt.

Solange vor allem an der Spitze der Pirmasenser Straßenverkehrsbehörde kein Personalwechsel erfolgt, wird sich an dieser geltendes Recht vollständig ignorierenden und offen radverkehrsfeindlichen Politik auf jeden Fall nichts ändern. Die rechte Hand wusste hier auf jeden Fall auch mal wieder nicht, was die linke tut. Weil sie es allerdings auch beide gar nicht wissen wollten.

Ich jedenfalls würde der Stadt sehr gerne vorschlagen, diese Radroute in „Zielscheiben-Tour“ umzubenennen. Schließlich ist „Zielscheibe“ auch der Spitzname für das Zeichen 250 StVO.

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