Im vergangenen Jahr hatte ich anlässlich eines SWR-Artikels zum Thema Fahrbahn-Piktogramme gegenüber dem LBM Rheinland-Pfalz einen Antrag nach dem LTranspG gestellt. Der SWR berichtete über einen Streit zwischen dem LBM als höhere Straßenverkehrsbehörde des Landes mit den Städten Mainz und Koblenz, die in einigen Straßen sogenannte „Fahrbahn-Piktogramme“ aufgemalt hatten. Der Artikel selbst ist an vielen Stellen wieder ein Ärgernis, weil der Verfasser ebenfalls nicht in der Lage ist, die Begriffe „Straße“ und „Fahrbahn“ zu unterscheiden. Interessant ist auch die lebhafte politische Debatte zu diesem Thema, die ich mir auch zu meiner Kritik an den nicht minder fragwürdigen Piktogrammen im Zuge von „Geh- und Radwegen“ wünschen würde.
Dass die Fahrbahn-Piktogramme überhaupt ein derartiges Interesse und eine Aktivität des LBM ausgelöst haben, wundert mich. Ebenso, dass der LBM von Amts wegen gegen zwei kreisfreie Städte einschreitet und ihnen die „Anordnung“ von Piktogrammen auf der Fahrbahn untersagt. Wobei die Probleme tatsächlich bereits beim Wörtchen „Anordnung“ anfangen, denn diese Piktogramme sind – genau wie im Falle jener, die man auf nicht benutzungspflichtige „Geh- und Radwege“ pinselt – keine Verkehrszeichen im Sinne der StVO.
Es ist ja ziemlich selten, dass ich und der LBM Rheinland-Pfalz zu einem Thema dieselbe Meinung vertreten. Mich würde wirklich interessieren, was diese Aktivitäten ausgelöst hatte? Warum stellt man sich von Seiten des LBM bei vergleichbaren Eingaben meinerseits, die vor allem die grundsätzlich fehlerhafte Anwendung der StVO und der Verwaltungsvorschriften zur StVO durch die unteren Straßenverkehrsbehörden zum Thema haben, grundsätzlich quer, anstatt einzuschreiten? Ich hatte auch über all die Jahre vergeblich gehofft, dass sich irgendwann mal ein „Whistleblower“ aus dem LBM oder MWVLW bei mir meldet, der mal ein wenig aus dem Nähkästchen plaudert.
Jedenfalls ließ ich mir vom LBM das im Beitrag erwähnte Schreiben des LBM vom 19. Januar 2024 an alle Straßenverkehrsbehörden des Landes im Rahmen des LTranspG kostenfrei übermitteln. Ich werde die Inhalte des Schreibens im Folgenden dokumentieren und abschnittsweise kommentieren.
Vollzug der StVO;
Fahrradpiktogramme auf der FahrbahnSehr geehrte Damen und Herren,
um die Situation des Radverkehrs – gerade in beengten Verhältnissen – zu verbessern wird immer häufiger von Verkehrsplanern die Aufbringung von Fahrradpiktogrammen (vgl. § 39 Abs. 7 StVO) – auch in Kombination mit Verkehrszeichen 297 Pfeilmarkierungen oder als Sharrow – auf der für den allgemeinen Verkehr vorgesehenen Fahrbahn empfohlen. Damit soll das Recht der Radfahrenden, auf der Fahrbahn zu fahren, verdeutlicht werden. Gleichzeitig sollen Kfz-Fahrende darauf hingewiesen werden, dass mit Radfahrenden auf der Fahrbahn zu rechnen ist und die Fahrbahn mit diesen zu teilen ist.
Diese Ziele sind jedoch eine Selbstverständlichkeit, da § 2 Abs. 1 StVO regelt, dass Fahrzeuge (also auch Fahrräder) die Fahrbahn benutzen müssen. Regelungen, die bereits in der StVO enthalten sind, dürfen auch nicht mehr durch Verkehrszeichen oder Markierungen wiederholt werden (§§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 9 StVO).
Schön, so etwas in dieser Klarheit zu lesen. Die Piktogramme sind redundant und daher schlicht und ergreifend unzulässig. Die Benutzung der Fahrbahn durch Radfahrer ist der selbstverständliche Normalfall, der keiner besonderen Kennzeichnung bedarf. Daher erübrigt sich meiner Meinung nach auch jede weitere Diskussion über den Sinn und Unsinn dieser Piktogramme.
Zudem besteht die Gefahr, dass damit möglicherweise suggeriert Wird, dass in Straßen ohne solche Piktogramme kein Radverkehr auf der Fahrbahn stattfinden darf.
Auch diesen Einwand halte ich für mehr als berechtigt. Ich würde zudem noch anmerken, dass Autofahrer die Piktogramme auch in der Weise verunsichern könnten, ob sie derart markierte Fahrbahnen überhaupt noch befahren dürfen.
Weiterhin ist zu beachten, dass das Sinnbild Fahrrad zur Kennzeichnung von
- Radfahrstreifen (VWV-StVO zu § 2 Rn. 10)
- nichtbenutzungspflichtige Geh- und Radwege (zusammen mit Sinnbild „Fußgänger“; VwV-StVO zu § 2 Rn. 38a)
- oder Schutzstreifen (Anlage 3 lfd. Nr. 22 StVO, VWV-StVO zu § 2 Rn. 12)
vorgesehen sind. Es besteht somit Verwechslungsgefahr mit solchen Kennzeichnungen, mit denen – anders als mit Fahrradpiktogrammen – Verhaltensregeln einhergehen.
Hier muss ich allerdings bzgl. des zweiten Punkts (wie bereits oben angedeutet) widersprechen, denn auch jene Piktogramme für „Geh- und Radwege“ sind bis zum heutigen Tage keine anordnungsfähigen Verkehrszeichen, da nicht unmittelbar in der StVO verankert, sondern nur in der VwV zur StVO (und dies auch erst seit deren letzter Änderung) zu finden.
Zum Thema „Geh- und Radweg-Piktogramme“ verweise ich auf diesen Beitrag, der zudem einen weiterführenden Link zu einer umfangreichen Strafanzeige meinerseits beinhaltet, in welcher ich mich mit den (nicht vorhandenen) Rechtsgrundlagen dieser Piktogramme kritisch auseinandergesetzt hatte. Wozu die rechtlich uneindeutige Situation vor allem hinsichtlich der Zuständigkeiten und Regelungskompetenzen zwischen Straßenverkehrs- und -baubehörden führt, habe ich anhand dieses regelrechten Kriminalfalls bei Geiselberg dokumentiert.
Zu dieser Problematik gab es ein Forschungsprojekt „Radfahren bei beengten Verhältnissen – Wirkung von Piktogrammen und Hinweisschildern auf Fahrverhalten und Verkehrssicherheit“ der TU Dresden und der Bergischen Universität Wuppertal. Dieses Forschungsprojekt ist mittlerweile abgeschlossen und der Abschlussbericht liegt seit Juni 2021 vor.
Eine Positionierung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr zu dem Abschlussbericht ist – trotz intensiven Bemühens seitens Rheinland-Pfalz – bisher nicht erfolgt und auch nicht zu erwarten.
In dem Forschungsprojekt wurden Auswirkungen auf andere Bereiche, in denen keine Piktogrammketten aufgebracht werden, sowie langfristige Gewöhnungseffekte nicht untersucht. Aufgrund der geringen Fallzahlen und der kurzen Nachbetrachtungszeiten ist auch keine belastbare Bewertung für die Verkehrssicherheit möglich. Auch hierzu plant der Bund nach Kenntnisstand des Landes keine weiteren Studien.
Die hier genannte Studie der TU Dresden habe ich mir nicht angesehen, da ich sie (wie offenkundig auch der Bund) für nicht maßgeblich halte. Weitere Hintergründe hierzu gibt es auf der Seite des Bundesamts für Logistik und Mobilität. Der Abschlussbericht ist hier (PDF, 23,5 MB) zu finden.
Es ist somit nicht absehbar, dass der Bund beabsichtigt, solche Piktogrammketten in die StVO aufzunehmen. Ein Landeserlass o. ä. ist aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken durch das MWVLW nicht geplant.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Landes Rheinland-Pfalz werden von mir geteilt, da das Land NRW diesbezüglich gem. Artikel 74 (1) Nr. 22 GG und der StVO keine Regelungskompetenz besitzt. Ich widerspreche somit auch dem ADFC Hamm, der sich auf diesen Erlass beruft und jenen auch im Rahmen seines Artikels verlinkt. Der Verordnungsgeber hat im Rahmen der letzten Änderungen jedenfalls auch aufgrund dieser Studie keine derartigen Fahrbahn-Piktogramme in die StVO eingefügt.
Die Aufbringung solcher Radpiktogramme auf die für den allgemeinen Verkehr vorgesehenen Fahrbahnen ist somit, wie bereits in unserem Schreiben vom 21.01.2019 mitgeteilt, rechtswidrig. Bereits aufgebrachte Markierungen sind zeitnah Wieder zu entfernen.
Dies gilt auch für die Markierungen, die Bestandteil des Pilotprojekts waren und deren Fortbestehen bisher geduldet wurde.
Danke für die Klarheit. Es ist angesichts dieses Schreibens äußerst bedauerlich, dass der LBM Rheinland-Pfalz nicht Willens ist, sich in einer ähnlich ernsthaften Weise mit meinen fundierten Eingaben zu beschäftigen und von Amts wegen gegen untere Behörden vorzugehen, die regelmäßig vorsätzliche Rechtsbrüche begehen. Was er allerdings letzten Endes in diesem Fall bislang dann doch nicht – mittels einer formellen Weisung – getan hat.
Die Stellungnahmen des VCD als auch der sogenannten AGFFK sind für mich nicht nachvollziehbar. Der LBM hat in dieser Angelegenheit schlicht und ergreifend recht, lässt sich allerdings wohl aufgrund des politischen Drucks einmal mehr dazu verleiten, seine fachaufsichtsbehördlichen Pflichten zu vernachlässigen. Dabei wäre es wichtig, den unteren, auf die Vorgaben der StVO regelmäßig keinerlei Wert legenden Behörden endlich einmal zu verdeutlichen, dass auch sie sich an geltendes Recht zu halten haben.
Das Beitragsbild zeigt die Markierung der Ausfahrt aus der Schillerstraße in die Landauer Straße in Pirmasens. Bei welcher im Übrigen auch fragwürdig ist, was jene eigentlich rechtlich zu bedeuten und zu regeln hat.