Die Vollsperrung der Ortsdurchfahrt von Heltersberg offenbart einmal mehr in vielerlei Hinsicht, auf welche Weise der LBM geltendes Recht anwendet. Der Wechsel an der Führungsspitze der Kaiserslauterer Straßenbaubehörde hat erwartungsgemäß auch zu keiner grundsätzlichen Änderung der obersten Devise (die „was nicht passt, wird passend gemacht“ lautet) geführt. Zuletzt hatte ich über den im Zusammenhang mit dieser Vollsperrung stehenden (und immer noch nicht vollständig aufgeklärten) Schilder-Krimi von Geiselberg berichtet. Heute widmen wir uns mal etwas ausführlicher den Rechtsfolgen der Beschilderung am Ortsausgang von Waldfischbach-Burgalben, welche vor einer Weile um ein besonders kreatives „Zusatzzeichen“ ergänzt wurde.
Das Beitragsbild stammt vom 10. Juni 2025. Damals wurde an die Absperrschranke ein Zettel mit der Aufschrift „Bergbad frei“ gepappt. Auch in Heltersberg hatte man hinter der Einmündung „Am Seibelstein“ die amtlichen Verkehrszeichen „kreativ“ ergänzt bzw. sogar teilweise überklebt.
Am 25. Juni durfte man rätseln, was der an den Wegweiser am Waldfischbach-Burgalbener Kreisel angepappte Zettel zu bedeuten hat? Die rote Vorrichtung stellt eindeutig klar, dass man nicht nach Heltersberg kommt. Oder etwa doch?
Am Ortsausgang von Waldfischbach-Burgalben hatte man inzwischen ein echtes(?) „Zusatzzeichen“ angebracht.
Ebenso in Heltersberg.
Am 10. Juni stellte ich meine erste Anfrage an den LBM zu dieser Beschilderung. Subsumieren wir doch einfach mal die Regelungen, die die Straßenbaubehörde hier getroffen hat? Das Zeichen 250 bedeutet, dass an der Absperrschranke in Waldfischbach-Burgalben grundsätzlich kein Fahrzeug vorbeifahren darf. Ausgenommen davon sind nur diejenigen, welche auf dem darunter hängenden Zusatzzeichen mit der Aufschrift „Anlieger bis Baustelle frei“ genannt werden. Jenes ist sogar im amtlichen Verkehrszeichenkatalog zu finden und trägt die Nummer 1028-32. Obwohl es auch die Nummer 1028-31 ohne das Anlieger-Tatbestandsmerkmal gibt.
Vorab müssen wir uns allerdings auch vergegenwärtigen, dass Verkehrszeichen immer nur den Verkehr in einer konkreten Straße regeln. Das heißt, Anlieger der L 499 dürfen bis zur Baustelle fahren. Wobei sie das genau genommen nicht dürfen, denn die Sperrfläche neben der Absperrschranke darf ebenfalls nicht überfahren werden.
Was genau ein Anlieger ist, erklärt Markus Herbst unter Verweis auf die gefestigte Rechtsprechung. Er zitiert u. a. das Urteil 3 C 14.99 des BVerwG vom 15.02.2000.
Hiernach werden ohne weiteres diejenigen Verkehrsteilnehmer vom Anliegerbegriff erfaßt, die […] Eigentümer oder Nutzungsberechtigte eines Grundstücks sind, welches an der Straße “anliegt”. Mithin sind zum Verkehr mit einem Anlieger alle Personen berechtigt, die zu ihm Beziehungen irgendwelcher Art unterhalten oder anknüpfen wollen.
Wer irgendein Ziel jenseits der L 499 erreichen will, ist kein Anlieger im Sinne der Beschilderung oder der Rechtsprechung.
Am 15. Mai 2025 erließ der LBM Kaiserslautern die folgende Pressemeldung, in welcher er den 3. Bauabschnitt ankündigte.
Die Arbeiten für den Ausbau der Ortsdurchfahrt Heltersberg haben im März 2024 begonnen und werden voraussichtlich bis Ende 2025 andauern.
Es handelt sich um eine Gemeinschaftsmaßnahme zwischen dem Land Rheinland-Pfalz, der Gemeinde Heltersberg und den Verbandsgemeindewerken Waldfischbach-Burgalben.
Die Arbeiten im zweiten Bauabschnitt sind fast abgeschlossen. Ab Montag, 26. Mai, beginnen die Arbeiten des dritten Bauabschnittes. Dieser beginnt ab der Schulstraße und endet an der Seebergstraße.
Die großräumige Umleitung für die Dauer der kompletten Baumaßnahme der L 499 erfolgt weiterhin über die K 31 – Geiselberg – B 270 – Steinalben – B 270 – L 501 – Waldfischbach-Burgalben und umgekehrt.
(…)
Ein grundsätzliches Problem insbesondere bei Vollsperrungen von Ortsdurchfahrten im ländlichen Raum sind die in aller Regel fehlenden innerörtlichen Umleitungsstrecken. Der Verkehr wird großräumig um die Orte herumgeführt. In meinem oben verlinkten Beitrag vom letzten Jahr anlässlich der anstehenden Vollsperrung hatte ich die folgende Grafik verwendet, um auf innerörtliche Alternativen für den (ebenfalls pauschal ausgeschlossenen) Radverkehr hinzuweisen.
Ich ging damals davon aus, dass man die Ortsdurchfahrt bis zur Schwarzbachstraße sanieren würde. Allerdings beschränkt sich der Ausbau lediglich auf den westlichen Abschnitt zwischen dem Ortseingang und der Seebergstraße (K 31).
Den aktuell betroffenen Bereich zwischen der Schul- und Seebergstraße kann man sich bei OSM betrachten. Ein Problem bei derartigen Vollsperrungen von Dorf-Ortsdurchfahrten ist, dass man als Verkehrsteilnehmer, welcher ein konkretes Ziel jenseits der vom Ausbau betroffenen Straße erreichen will, in aller Regel gar nicht weiß, ob und wie man jenes überhaupt noch erreichen kann. Dies gilt vor allem in diesem Jahr unter anderem auch für das beliebte Bergbad in Heltersberg. Jenes liegt in der Bergstraße am nordwestlichen Ortsrand (links oben auf der Grafik).
Die amtliche Umleitung (des überörtlichen Verkehrs) führt allerdings umständlich über die B 270 und Geiselberg. Das Bergbad liegt allerdings nun westlich des aktuellen Baufeldes. Voriges Jahr war es noch über die Seeberg- und Hauptstraße erreichbar. Wohl auch aus diesem Grund hat der LBM an den Absperrungen die ominösen „Zusatzzeichen“ mit der Aufschrift „Bergbad frei“ montiert.
Problem hierbei: Das oben erwähnte Zusatzzeichen 1028-32 verbietet den Verkehr zum Bergbad. Denn Besucher des Bergbads sind keine Anlieger. Auch alle anderen (ortskundigen) Verkehrsteilnehmer (mich eingeschlossen) sind keine Anlieger, wenn sie die Baustelle über die verkehrsberuhigten Bereiche umfahren. Sie begehen alle eine 50 bzw. 25 Euro teure Ordnungswidrigkeit, indem sie das Zeichen 250 am Ortsausgang von Waldfischbach-Burgalben missachten. Ich habe aber in den letzten Monaten keine einzige Pressemeldung der PI Waldfischbach-Burgalben gelesen, in welcher man über durchgeführte Kontrollen berichten würde. Auf der L 499 herrscht (wie auch im verkehrsberuhigten Bereich „Am Seibelstein“ und Flurstraße) seit Fertigstellung der Einmündung am Ortseingang ein reges Verkehrsaufkommen.
Die am Waldfischbach-Burgalbener Ortsausgang angeordnete und aufgestellte Beschilderung, welche in der Waldfischbacher Straße in Heltersberg wiederholt wird, ist zudem auch noch aus einem anderen Grund völlig unverhältnismäßig. Denn in der Gegenrichtung gibt es keine derartige Beschilderung. Wer ortskundig ist und aus Richtung Geiselberg oder Johanniskreuz angefahren kommt, kann die Baustelle ohne an einem den Verkehr verbietenden Verkehrszeichen vorbei durch die südlich gelegenen Straßen umfahren. Er muss hierzu auch kein echter oder unechter Anlieger sein.
Die Ausflüchte des LBM
Kommen wir nun zur Stellungnahme des (neuen) Leiters des LBM Kaiserslautern vom 12. Juni 2025.
Für das Teilstück vom Ortsausgang Waldfischbach bis zur Einmündung L 499 – Schulstraße in Heltersberg ist eine Teilsperrung eingerichtet, die die Vollsperrung innerhalb der OD Heltersberg ankündigt.
Es ist allerdings aufgrund des Anlieger-Tatbestandsmerkmals keine „Ankündigung“.
Der Landesbetrieb Mobilität darf im Rahmen der verkehrsrechtlichen Anordnungen für die Baumaßnahmen nur über das klassifizierte Straßennetz, also über Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, umleiten. Aus diesem Grund ist die weiträumige Umleitung für den Durchgangsverkehr über die B 270 und die K 31 (Geiselberg) ausgeschildert.
Diese Aussage ist sehr interessant. Vor allem im Hinblick auf die illegale Umleitung bei Winzeln. Dort hatte die Stadt Pirmasens nicht nur eine Umleitung durch Gemeindestraßen, sondern gar über ungewidmete Wirtschaftswege eingerichtet. Der LBM und das Ministerium weigerten sich allerdings kategorisch, genau das festzustellen, was man mir hier schreibt: Dass der Verkehr nur über öffentliche Straßen umgeleitet werden darf. Der LBM darf übrigens sehr wohl auch über Gemeindestraßen umleiten.
Anlieger können bis zur Baustelle nach Heltersberg fahren und über das innerörtliche Netz Ihrem Anliegen nachkommen.
Nein! Man ist kein Anlieger im Sinne des in Waldfischbach angeordneten Zusatzzeichens, wenn man ein Anliegen jenseits der L 499 hat. Dasselbe Problem gab es über Jahre mit der Beschilderung zwischen Schönau und Wengelsbach. Auch dort interpretierten unzählige Autofahrer, sie seien zur Nutzung des Weges berechtigt, weil sie ein Anliegen in Wengelsbach (Frankreich) hätten.
Erschreckend, dass der Leiter einer Straßenbaubehörde nicht versteht, dass er den Geltungsbereich einer Verkehrszeichenkombination vollkommen willkürlich auf einen gesamten Ort (wenn nicht gar die ganze Welt?) ausdehnt. Daher fällt ihm auch der direkt folgende Widerspruch nicht auf.
Es lässt sich nur schwerlich vermeiden, dass Ortskundige die Baustelle auch ohne Anliegen innerörtlich umfahren.
Warum sollte es legal sein, als ortskundiger Pseudo-Anlieger bspw. über „Am Seibelstein“, die Gebrüder-Theysohn-Straße und den Schillerring sein Haus in der Lessingstraße zu erreichen (anstatt die offizielle Umleitung über Geiselberg zu benutzen), während ich als Rennradfahrer (nach Ansicht des LBM) eine Ordnungswidrigkeit begehe, weil ich anschließend weiter über die L 499 in Richtung Johanniskreuz fahre?
Die Zusatzbeschilderung „Bergbad frei“ wurde mit uns abgestimmt, da die Anbindung in Heltersberg über die L 499 und die Schulstraße im derzeitigen Bauabschnitt möglich ist. Die Art und Weise der Umsetzung ist jedoch leider falsch. Es ist beabsichtigt, ein richtiges Zusatzzeichen mit der Aufschrift „Bergbad frei“ unter das Zusatzzeichen „Anlieger frei“ anzubringen. Die übrigen (Papp)schilder und Überklebungen sind illegal angebracht worden und wurden bereits durch unsere örtliche Bauüberwachung entfernt.
Aha. Das „Problem“ wurde dann (Siehe die Aufnahmen weiter oben) ja gelöst?
Wir möchten an dieser Stelle anmerken, dass der Begriff „Anlieger“ weitgefasst ist und nicht nur die Anwohner von Heltersberg beinhaltet. Auch die Verkehrsteilnehmer, die zum Schwimmbad möchten, haben ein entsprechendes Anliegen und dürfen folglich das Teilstück vom Ortsausgang Waldfischbach bis zur Baustelle befahren.
Nein, lieber Leiter des LBM Kaiserslautern: Der Begriff „Anlieger“ ist nur bei euch „weitgefasst“. Eure Weitfassung hat nichts mit der von euch getroffenen Anordnung für die Benutzung der L 499 zu tun. Die Behauptung, „nicht nur die Anwohner von Heltersberg“ seien Anlieger, ist regelrecht absurd. Das, was ihr meint, wird mit dem Zusatzzeichen 1028-31 geregelt. Ihr hättet einfach nur das Anlieger-Tatbestandsmerkmal weglassen müssen.
Das Anlieger-Problem beim LBM Kaiserslautern ist allerdings nicht neu. Bereits am 11. Januar 2019 hatte ich einen Beitrag zur Vollsperrung der B 427 bei Hinterweidenthal verfasst. Und schon damals konnte oder wollte der LBM nicht verstehen, dass die Verwendung des Zusatzzeichens 1028-32 gerade im Hinblick auch auf den Radverkehr auch dort fehlerhaft, unverhältnismäßig und somit rechtswidrig angeordnet wurde.
Da man auf meine Kritik inhaltlich nicht mehr reagierte, stellte ich am 25. Juni einen formellen Antrag im Sinne des LTranspG, mir die verkehrsbehördliche Anordnung zur Aufstellung des Zusatzzeichens „Bergbad frei“ zu übermitteln. Dieser wurde fast einen Monat lang ignoriert. Erst auf meine Androhung, den LfDI einzuschalten, antwortete man mir von Seiten des LBM am 22. Juli folgendermaßen.
Die Zusatzzeichen „Bergbad frei“ sind nicht Bestandteil unserer Verkehrsrechtlichen Anordnung. Sie haben mit Ihrer Anmerkung Recht, dass es sich dabei nicht um ein Verkehrszeichen des Verkehrszeichenkataloges handelt.
Die Anbringung dieser Schilder war ein Zugeständnis unsererseits in Abstimmung mit dem Verkehrssicherungsunternehmen, der Verkehrsbehörde sowie der Ortsgemeinde und ist lediglich als Hinweisschild zu interpretieren.
Aha. Man bringt also Verkehrszeichen an, die als „Hinweisschilder“ zu interpretieren sind? Wo genau erlaubt die StVO oder die VwV zur StVO die Aufstellung derartiger „Hinweisschilder“?
Die Erlaubnis zur Anbringung dieses Hinweisschildes wurde durch den LBM erteilt, damit Verkehrsteilnehmer und potenzielle Schwimmbadbesucher nicht – auch aus volkswirtschaftlichen Gründen – unnötigerweise die ausgeschilderte Umleitung fahren. Dies wurde mit Blick auf die Sommermonate, sowie die derzeitige Ferienzeit und damit einhergehenden größeren Besucherzahlen als angemessen angesehen.
Lustig. Aus „volkswirtschaftlichen Gründen“ wäre es eigentlich auch sinnvoller gewesen, eine innerörtliche Umleitung auszuweisen, anstatt den Verkehr umständlich über Geiselberg umzuleiten. Das Bergbad kann über die offizielle Umleitungsstrecke gegenwärtig auch nur über die Nebenstraßen erreicht werden. Wobei man auch spätestens an der Absperrschranke hinter „Am Seibelstein“ strandet, weil man kein Anlieger der (mit Zeichen 250 gesperrten) Hauptstraße ist.
Darüber hinaus möchten wir anmerken, dass die Straßenmeisterei auch ohne Verkehrsrechtliche Anordnung für eine Dauer von bis zu drei Monaten Verkehrsschilder aufstellen darf.
Hier hätte mich die Rechtsgrundlage interessiert. Man meint wohl die VwV zu § 45 StVO, Rn. 46? Das ist in diesem Fall allerdings auch egal, da das Zusatzzeichen „Bergbad frei“ ja gar kein Verkehrsschild ist.
In meiner gestrigen Stellungnahme merkte ich unter anderem an, dass ich jedes einzelne Mal rechtlich gegen derartige Sperrungen vorgehen würde, wenn man nicht mittels des politisch gewünschten Gebühren- und Kostenrisikos Bürger vor der Beschreitung des verwaltungsgerichtlichen Klagewegs systematisch abhalten würde.