Eigentlich habe ich keine große Lust, über diese Geschichte zu schreiben. Denn der Künstler, der letzten Endes Opfer einer willkürlichen Weisung des LBM wurde, hielt es ebenfalls nicht für nötig, mit mir hierüber in einem nennenswerten Umfang zu kommunizieren. Sei es drum. Das Thema ist dennoch interessant, weil es mir einen weiteren Beleg dafür liefert, wie willkürlich insbesondere der LBM im Allgemeinen handelt. Und dass er auch in diesem Fall keine tragfähige Rechtsgrundlage benennen kann. Stefan Niederlechner hatte an mehreren Straßenrändern im Pfälzerwald aus den Überresten gefällter Bäume mit der Motorsäge Skulpturen geschnitzt, meistens mit einem Bezug zum 1. FC Kaiserslautern. Nachdem mehrere Teufel-Skulpturen von Unbekannten abgesägt wurden, ordnete der LBM die Entfernung eines roten Herzens in Gestalt eines FCK-Logos an der L 497 bei Rodalben an.
Wer sich für die Details interessiert, dem seien mehrere Rheinpfalz-Artikel empfohlen, die allerdings fast alle mit einer Paywall versehen sind. Vermutlich christliche Fundamentalisten aus dem Umfeld der Ramstein Airbase sägten mehrfach (in der Gegend um Johanniskreuz) seine Teufel-Skulpturen ab. Hierüber wurde am 6. Oktober 2024 berichtet. Niederlechner gab entnervt auf. Am 16. März 2025 wird über sein FCK-Herz an der L 497 berichtet. Am 3. Juli wird verkündet, dass Niederlechner aufgrund von Beschwerden das rote Herz auf Weisung des LBM entfernen müsse. Einen Tag später versucht die Straßenmeisterei Waldfischbach-Burgalben dies zu rechtfertigen, was allerdings auf der Facebook-Seite der Rheinpfalz auf völliges Unverständnis stößt. Am 17. Juli erschien der bislang letzte Artikel, in welchem ein frustrierter Niederlechner seine Niederlage eingesteht.
Nun könnte mir das Thema ja eigentlich gleichgültig sein. Wenn da nicht diese Sache mit den Wahlplakaten gewesen wäre. Im Jahr 2019 und 2021 hatte ich nämlich zwei Beiträge über mehrere Eingaben zu diesem Thema geschrieben. Hier in der Gegend werden nämlich seit jeher in Wahlkampfzeiten an den fragwürdigsten Örtlichkeiten (vor allem an Einmündungen) außerorts Plakatwände mit Parteipropaganda aufgestellt. In Nordrhein-Westfalen gibt es hierzu einen Erlass, der genau das verbietet. In Rheinland-Pfalz meint man hingegen, dass das alles kein Problem wäre. Mehrere Beschwerden meinerseits wurden vollständig ignoriert.
Ich schrieb Niederlechner am 29. Juli an und bat ihn, mir ein paar Hintergründe mitzuteilen. Er teilte mir am 5. August mit, dass er vom LBM einen Anruf erhalten hätte. Grund für dessen Tätigwerden seien die Beschwerden einiger Leute gewesen. Er hätte auch selbst auf die problematischen Wahlplakate hingewiesen, aber darauf keine Antwort erhalten. Er bekam also noch nicht einmal einen rechtsmittelfähigen schriftlichen Bescheid. Dass er der formlosen Aufforderung von Seiten des LBM sofort nachkam, halte ich für einen Fehler. Denn dieser mangelte es meines Erachtens an einer tragfähigen Rechtsgrundlage.
Schauen wir noch einmal in den § 33 (1) Nr. 3 StVO:
Verboten ist außerhalb geschlossener Ortschaften jede Werbung und Propaganda durch Bild, Schrift, Licht oder Ton, wenn dadurch am Verkehr Teilnehmende in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden können.
Nun müssten wir erst einmal klären, ob ein geschnitztes Holzherz als „Propaganda“ im Sinne dieser Vorschrift auszulegen ist? Meiner Meinung nach: Nein. Auch dann nicht, wenn man es im engeren Sinne aufgrund der Verbindung zum 1. FC Kaiserslautern so auslegen könnte. Ein Holzherz ohne Logo wäre hinsichtlich der sonstigen Tatbestandsmerkmale schließlich auch nicht problematischer als eines mit Logo. Zudem handelt es sich bei diesem Holzherz m. E. weder um ein Bildnis, noch eine Schrift, sondern um handwerkliche Kunst. Kunst ist gemäß Artikel 5 (3) GG in einer besonderen Weise geschützt.
Nicht minder problematisch ist (und dies hatte ich auch bzgl. meiner Eingaben bereits angemerkt), dass der LBM hier meines Erachtens sachlich gar nicht zuständig ist. Denn der Vollzug der StVO obliegt in Rheinland-Pfalz im Zuge klassifizierter Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften grundsätzlich den Kreisverwaltungen. Und nicht dem LBM (Straßenbaubehörde). Es war ja offenkundig die dem LBM Kaiserslautern zugeordnete Straßenmeisterei Waldfischbach-Burgalben, die Niederlechner telefonisch zur Entfernung des Holzherzens aufforderte.
Wenn der LBM als auch die eigentlich zuständigen Kreis- und Stadtverwaltungen seit Jahrzehnten keine Probleme damit haben, an den fragwürdigsten Stellen Partei-Propaganda stehen zu lassen, warum fordern sie dann einen Künstler auf, ein an einer relativ unproblematischen Stelle stehendes Holzherz abzusägen? Das Herz stand (meiner Erinnerung nach) am oberem Böschungsrand links der Fahrbahn. In den oben verlinkten Artikeln findet man auch Fotos.
Am 25. August teilte mir der LBM Rheinland-Pfalz hinsichtlich meiner Anfrage, warum man Niederlechner aufforderte, das Holzherz zu entfernen, aber immer wieder fragwürdig positionierte Wahlplakate trotz Beschwerden unbeanstandet stehen lässt, das Folgende mit:
Die Stelle, an der das FCK-Logo aus einem Baumstumpf gesägt wurde, liegt mit einem Abstand von ca. 5 – 6 m in der Bauverbotszone. Die Bauverbotszone gemäß § 22 LStrG umfasst bei Landesstraßen 20 m. Dieser Paragraph gilt neben baulichen Anlagen auch für Außenwerbung aller Art.
Inwiefern ist ein aus einem von Natur aus gewachsenen Baumstumpf geschnitztes Holzherz bitteschön ein „Bau“?
Die Bestimmungen zum Verbot von Werbeanlagen außerhalb von Ortsdurchfahrten existieren nicht grundlos. Die Anlagen der Außenwerbung aller Art entlang von Bundes-, Landes und Kreisstraßen bringen eine besondere Ablenkungsgefahr für die Verkehrsteilnehmer mit sich und beeinträchtigen damit die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs.
Da würde ich ja grundsätzlich zustimmen. Aus welchem Grund ist aber nun ein Holzherz (mit FCK-Logo) eine „Werbeanlage“? Und warum genau lenkt es Verkehrsteilnehmer überdurchschnittlich ab?
Wahlwerbeanlagen unterliegen grundsätzlich den gleichen straßenrechtlichen Regelungen wie andere, beispielsweise auch gewerbliche Werbeanlagen. Bei der Entscheidung über eine Zulassung dieser Anlagen ist jedoch zu berücksichtigen, dass aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten Wahlen und die hierfür erforderliche Information der Bürger im Interesse der freiheitlich demokratischen Grundordnung liegen. Demzufolge ist bei der Entscheidung über die Zulassung erlaubis-, genehmigungs-, gestattungspflichtiger Werbeanlagen in der Zeit des Wahlkampfes, i.d.R. sechs Wochen vor der jeweiligen Wahl, ein großzügiger Maßstab anzusetzen.
Wo genau finde ich im LStrG und der StVO eigentlich die Rechtsgrundlage für die Eröffnung dieses „großzügigen Maßstabs“?
Freilich dürfen dabei die straßenbau- und straßenverkehrlichen Belange nicht außer Acht gelassen werden. Die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs darf auch durch Wahlwerbeanlagen nicht gefährdet werden. Bei der Beurteilung nach welchen Vorschriften eine Wahlwerbeanlage einer Zulassung durch die Straßenbaubehörde bedarf, kommt es auf die jeweilige Einzelfallgestaltung an. Je nach Aufstellort kommen ggf. Regerlungen im Rahmen des Anbaurechtes, der Sondernutzung oder der Sonstigen Benutzung in Betracht. Für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen innerhalb der Ortsdurchfahrten liegt die Zuständigkeit bei der jeweiligen Gemeinde. Anbaurechtliche Regelungen kommen innerörtlich regelmäßig nicht zum Tragen, wenngleich die Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auch dort zu berücksichtigen sind.
In RLP wird nichts zugelassen. In RLP wird von Seiten der Parteien einfach gewohnheitsmäßig wild plakatiert. Und vom LBM oder der Kreisverwaltung auch faktisch nichts beanstandet. So stand auch anlässlich der Bundestags- und Landratswahl im Februar hinter der Einmündung der K 89 in die L 496 (Siehe das Beitragsbild) am Riegelbrunnerhof wieder ein Wahlplakat von Florian Bilic und Susanne Ganster (beide CDU). In diesem Sommer plakatierten dort im Rahmen des Wahlkampfs um den Posten als Rodalber Verbandsgemeindebürgermeister die Kandidaten Spitzer (SPD) und Schäfer (CDU). Und wieder wurde auch dieser klar ablenkende und in NRW ausdrücklich illegale Standort nicht beanstandet.
Aber einen Künstler auffordern, seine völlig unproblematischen Kunstwerke am Straßenrand abzusägen. Das können sie beim LBM.