Polizei sieht „Schutzstreifen“, der keiner ist

Einer meiner rund 700 gelöschten Corona-Beiträge handelte über das Thema Gaslighting. Genau das wird im Endeffekt seit Anbeginn meines radverkehrspolitischen Engagements vor allem behördlicherseits mit mir getrieben. Die Realität wird einfach geleugnet – und wenn, dann hin und wieder auch mal vollständig auf den Kopf gestellt. Die rheinland-pfälzische Polizei hat das ganze Elend allerdings nun auf ein neues Niveau gehievt, denn als Retourkutsche für meine Strafanzeige wegen Nötigung und Straßenverkehrsgefährdung gegen einen Fiat-Fahrer, der mich mittels eines viel zu engen Überholvorgangs und seinem ausgestreckten rechten Arm in der Lemberger Straße auf einen undefinierbaren Straßenteil abdrängen wollte, erhielt ich eine Anzeige wegen der „Nichtbenutzung eines Schutzstreifens“!

Ich persönlich vermute, dass die hiesigen Polizeiinspektionen und die Staatsanwaltschaft Zweibrücken inzwischen genervt von meinen Anzeigen sind. Also hat man sich wohl dazu entschieden, mich mittels Gegenanzeigen einzuschüchtern? So erhielt ich am Donnerstag ein vom 23. Oktober 2025 datierendes Schreiben von der Zentralen Bußgeldstelle (ZBS) in Speyer. Darin wirft man mir vor, ich hätte am 21. Juni 2025

als Radfahrer das Rechtsfahrgebot [missachtet], indem Sie den markierten Schutzstreifen nicht benutzten.

Ich solle daher ein Bußgeld in Höhe von 15,- Euro bezahlen. Das werde ich mit Sicherheit nicht tun!

Ich möchte zu diesen verfluchten Orwell-Streifen in diesem Beitrag nicht mehr allzu viel schreiben, denn diese „Schutzstreifen“ sind ganz allgemein die mit Abstand beschissenste Erfindung, die jemals in der StVO verankert wurde. Diese Streifen dienen ausschließlich – und dies belegt auch diese absurde Gegenanzeige – der systematischen Benachteiligung von Radfahrern.

Dass die laufende Nummer 3.4 der Anlage zur BKatV diesen Tatbestand überhaupt enthält, ist der StVO eigentlich so direkt nicht zu entnehmen. Sie wird in einer meines Erachtens unzulässigen Weise aus dem allgemeinen Rechtsfahrgebot abgeleitet. Warum benötigt es für die „Benutzungspflicht“ auch von Radfahrstreifen immer eines angeordneten Verkehrszeichens, während  hingegen „Schutzstreifen“ immer (indirekt) benutzungspflichtig sein sollen? Eine besondere Absurdität besteht auch darin, dass Verwaltungsgerichte Radfahrern, die gegen diese „Schutzstreifen“ vorgehen wollen, u. a. schreiben, dass sie ja nicht benutzungspflichtig seien und daher keine Beschwer vorläge. Auch das ist Gaslighting.

Das Problem mit dem aktuellen Tatvorwurf gegen mich ist allerdings: Wer sich das Video im oben verlinkten Beitrag oder diese Aufnahme von Google Streetview ansieht, erkennt sofort, dass es sich bei diesem ominösen Streifen in der Lemberger Straße um keinen „Schutzstreifen“ handelt! Dieser Rechtsbegriff wird u. a. in der VwV zu § 2 StVO, Rn. 12 folgendermaßen definiert:

Ein Schutzstreifen für den Radverkehr ist ein am rechten Fahrbahnrand mit Zeichen 340 markierter und zusätzlich in regelmäßigen Abständen mit dem Sinnbild „Radverkehr“ versehener Teil der Fahrbahn. Er darf nur innerhalb geschlossener Ortschaften auf Straßen mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von bis zu 50 km/h markiert werden und nur, wenn die Verkehrszusammensetzung eine Mitbenutzung des Schutzstreifens durch den Kraftfahrzeugverkehr nur in seltenen Fällen erfordert. Er muss so breit sein, dass er einschließlich des Sicherheitsraumes einen hinreichenden Bewegungsraum für den Radverkehr bietet. Befindet sich rechts von dem Schutzstreifen ein Seitenstreifen, kommt ein Schutzstreifen in der Regel nicht in Betracht, es sei denn, es wird ein zusätzlicher Sicherheitsraum zum ruhenden Verkehr geschaffen. Der abzüglich Schutzstreifen verbleibende Fahrbahnteil muss so breit sein, dass sich zwei Personenkraftwagen gefahrlos begegnen können. Schutzstreifen sind in Kreisverkehren nicht zulässig. Zum Schutzstreifen vgl. Nummer II zu Zeichen 340, Randnummer 2 ff.

Der Streifen in der Lemberger Straße ist überwiegend mit Zeichen 295 (durchgezogene Linie) markiert – und er enthält auf der gesamten Länge zwischen dem Abzweig der K 4 nach Erlenbrunn und dem Hugo-Ball-Gynmasium kein einziges Sinnbild.

Dieser Streifen ist kein „Schutzstreifen“!

Dies war für mich so offenkundig, dass ich ihm Rahmen meiner Anzeige gar nicht auf den Gedanken kam, dies gesondert zu erwähnen. Ich hatte mich daher nur vom erwartbaren Vorwurf, es handele sich um einen (benutzungspflichtigen) „Radweg“, folgendermaßen präventiv distanziert:


Der Mann zeigte während des Überholvorgangs mit seinem rechten Arm an den rechten Fahrbahnrand, wo jenseits eines nur noch lückenhaft markierten Zeichen 295 StVO ein nicht explizit als „Radweg“ gekennzeichneter Streifen verläuft. Selbst wenn man die Überreste dieses Streifens als „Radweg“ sehen würde, ist dieser ist gem. § 2 (4) S. 2 und 3 StVO mangels Breitstrich und Zeichen 237 StVO ausdrücklich nicht benutzungspflichtig.


Das hat der Polizistin, die meine Anzeige bearbeitete, aber offenkundig nicht gereicht. Perfide war, dass Sie mich am 17. und 18. Juli per e-mail freundlich darum bat, ihr die Videoaufnahmen zukommen zu lassen. Sie wies mich allerdings auch nicht darauf hin, dass sie auch gegen mich wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsfahrgebot ermitteln würde. Ich übermittelte ihr das Video daher über meinen Webserver. Und hörte dann nichts mehr von ihr. Bis zu jenem Schreiben von der ZBS.

In diesem ist allerdings nicht nur sie als Zeugin angegeben, sondern zwei weitere, mit Familiennamen genannte Zeugen. Und das ist – gelinde gesagt – eine absolute Unverschämtheit, denn es handelt sich hierbei offenkundig um das Ehepaar, das mich gemeinschaftlich (die Frau rief ja noch „Raaadwäääg“ aus dem Seitenfenster) nötigte. Die Staatsanwaltschaft hatte mir allerdings geschrieben, dass sie den Fahrer nicht hätte ermitteln können. Nun dürfte relativ eindeutig klar sein, dass beide im Fiat saßen. Ich habe zwar nicht viel gesehen – aber zumindest, dass er auf dem Fahrersitz saß und sie auf dem Beifahrersitz.

Daher habe ich aufgrund dieser neuen Erkenntnisse die Staatsanwaltschaft zur Wiederaufnahme des Verfahrens wegen Nötigung aufgefordert. Die Staatsanwältin hatte in Ihrer Einstellung nämlich auch nicht genauer begründet, warum die Tatbestandsmerkmale einer Nötigung, Gefährdung oder Bedrohung nicht vorgelegen hätten, sondern beließ es weitestgehend beim Hinweis auf die Behauptung des Ehepaars, dass sie von nichts wüssten.

In der Summe ist diese Geschichte pures Gaslighting! Ich wehre mich seit meinem ersten Gespräch mit dem ehemaligen Leiter der Pirmasenser Straßenverkehrsbehörde auch gegen diesen Irgendwas-Streifen in der Lemberger Straße. Und werde dort seit Jahren immer wieder gefährdet und genötigt. Ob ich nun auf dem Streifen fahre oder nicht, macht hierbei nur einen marginalen Unterschied. Die Stadt Pirmasens weiß ja selbst immer noch nicht, was das überhaupt sein soll, denn ansonsten hätte sie bspw. nicht so eine absurde Situation wie im April und Mai 2024 geschaffen, als sie Fußgänger folgendermaßen über jenen Streifen führen ließ:

Im sogenannten“Radverkehrskonzept“ der Stadt Pirmasens kann man übrigens – ironischerweise bei den „fahrradfreundlichen Stellen“ – auf Seite 14 das Folgende lesen:

Der Großteil (35 Meldungen) bezog sich auf die mit dem Fahrrad bereits nutzbaren, jedoch nicht StVO-konformen, Radverkehrsanlagen entlang der Lemberger Str. zwischen Ruhbank und dem PLUB (Pirmasenser Luft- und Badepark).

Zum Streckenmangel S57 heißt es auf Seite 267 bei der Mängelbeschreibung:

Gehweg (VZ 1022-10) zu schmal (Westen), an Ostseite Markierung unklar (kein StVO-konformer Schutzstreifen/ Radverkehrsanlage)

Ich hatte sogar die Pressestelle der Polizei am 16. Juni 2024 anlässlich einer Pressemeldung darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Streifen um keinen „Radweg“ handelt. Bedauerlich, dass ich hierzu damals keinen Beitrag verfasst hatte; vielleicht hole ich es bei der nächsten Gelegenheit noch nach.

Jedenfalls zeigt mich nun allen Ernstes eine Polizistin, die ein mich vorsätzlich mit einem tonnenschweren Pkw vorsätzlich genötigt habendes Ehepaar vollkommen straffrei (also noch nicht einmal 30 Euro Bußgeld für das viel zu enge Überholen) davonkommen lassen wollte, ausgerechnet gemeinsam mit jenem Ehepaar(!) wegen der Nichtbenutzung eines Schutzstreifens, der keiner ist, an? Geht noch mehr Gaslighting?

Ich habe bereits gestern Abend online einen Widerspruch gegen die Festsetzung des Bußgelds erhoben:


Ich verweise zur Begründung auch ausdrücklich auf meine Angaben im Rahmen meiner Anzeige vom 27.06.25.

Der Streifen in der Lemberger Straße ist kein Schutzstreifen im Sinne der Rn. 12 der VwV zu § 2 StVO, des § 45 (9) S. 4 Nr. 1 StVO und der laufenden Nr. 22 der Anlage 3 StVO, denn er ist im Bereich vor und hinter der Bushaltestelle weder mit einem Zeichen 340 markiert, noch enthält er überhaupt Sinnbilder. An vielen Stellen fehlt inzwischen die Markierung mit Zeichen 295 (Schmalstrich) auch aufgrund von Asphaltarbeiten, nach denen die Markierung nicht wieder aufgetragen wurde. Siehe auch: https://maps.app.goo.gl/TJff3roqTPoLef2bA

Es handelt sich bei diesem Streifen – wie bereits in meiner Anzeige erwähnt – auch um keinen benutzungspflichtigen Radweg i. S. d. § 2 (4) S. 2 StVO. Es ist überhaupt kein objektives Anzeichen dafür erkennbar, dass der Streifen in der Lemberger Straße überhaupt dem Radverkehr dienen soll.

Ich habe daher vollkommen legal mit meinem Fahrrad gemäß § 2 (1) StVO die Fahrbahn benutzt und auch nicht gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen. Dem Tatvorwurf mangelt es somit bereits an der Verwirklichung der objektiven Tatbestände, er ist folglich vollkommen unbegründet und das Verfahren einzustellen.


Ehrlich gesagt würde ich mir fast schon eine Zurückweisung meines Widerspruchs wünschen. Wenigstens ein Mal will ich es auch selbst erleben, wie so eine Absurdität vor einem deutschen Amtsgericht verhandelt wird.

Das Beitragsbild habe ich übrigens einem über 6 Jahre alten Beitrag entnommen. Ich könnte noch viele weitere Screenshots von weiteren Kfz-Nutzern zeigen, die diesen Streifen offenkundig viel eher als „Parkplatz“, denn als „Schutzstreifen“ interpretieren.

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