Zum HBR-Gehwegradeln genötigt

Wenn man nicht nur alle paar Jahre mal eine einzelne Anzeige gegen rücksichtslose Verkehrsteilnehmer erstattet, kann man schon einmal bzgl. der Schreiben, die man von der Staatsanwaltschaft Zweibrücken erhält, den Überblick verlieren. So ging es mir auch mit einer Anzeige, die ich anlässlich eines extrem engen Überholvorgangs am 24. April 2025 in der unteren Zeppelinstraße (K 2) in Pirmasens gegen einen Autofahrer aus dem Kreis Kusel erstattete. Die Anzeige stellte ich allerdings erst am 17. Mai direkt bei der zentralen Bußgeldstelle und setzte die Polizeiinspektion Pirmasens in Kopie. Ich erhielt dann irgendwann im Sommer die vom 23. Juli 2025 stammende Einstellungsverfügung der StA Zweibrücken und konnte jene erst gar nicht zuordnen.

Das Schreiben enthielt weder das Datum meiner Anzeige, noch sonst eine Angabe (bspw. das Kennzeichen), aus der ich hätte schließen können, auf welche meiner Anzeigen sich die Staatsanwaltschaft bezieht. Der Name des Beschuldigten sagte mir ja auch nichts. Ich bin mir selbst jetzt nicht zu 100 % sicher, dass es sich um diesen Fall handelte. Im Sommer nahm ich zuerst an, dass man sich auf eine erst vor rund einem Monat gestellte Anzeige gegen einen mich in der Lemberger Straße genötigt habenden Autofahrer bezog, weshalb ich den entsprechenden Beitrag später überarbeiten musste.

Jedenfalls war in diesem Fall auch interessant, dass meine nicht besonders konkret formulierte Anzeige zumindest in der Weise ausgelegt wurde, dass sich die Staatsanwaltschaft überhaupt (wenn auch nur oberflächlich) damit befasste. Ich fügte (wie üblich) nicht das Video, sondern nur drei Einzelaufnahmen (u. a. das Beitragsbild) als Beweismittel bei. Das Video wollte man im Rahmen der Ermittlungen zum wiederholten Male nicht sehen.

Ich bin, und dies hatte ich auch in meiner Anzeige geschrieben, überzeugt davon, dass es sich bei diesem extrem engen (der „Abstand“ betrug kaum mehr als 5 bis 10 cm) und schneidenden Überholvorgang um eine Bestrafung dafür handelte, nicht zuvor auf dem rechts der L 484 verlaufenden Gehweg geradelt zu sein. Der Autofahrer wollte mich also auf eine nötigende Weise einschüchtern, damit ich dort in Zukunft auf dem Gehweg fahre.

Ich muss auch in diesem Fall wieder einmal der Stadt Pirmasens eine Mitverantwortung für ein derartiges Autofahrer-Verhalten geben, denn sie hat diesen überwiegend auf dem Hochbord verlaufenden Gehweg (vor allem in Richtung Waldfriedhof) als HBR-Route ausgewiesen und stiftet Radfahrer seit über einem Jahrzehnt dazu an, Ordnungswidrigkeiten zu begehen.

In der Einstellungsverfügung der StA Zweibrücken heißt es:

Soweit ein Vergehen der Nötigung beanzeigt wurde, ist bereits der objektive Tatbestand nicht erfüllt. Aus dem Anzeigevorbringen ergibt sich kein abgenötigtes Verhalten. Durch das Überholen, sei es auch mit zu geringem Seitenabstand erfolgt, wurde keine bestimmte Handlung hervorgerufen, z.B. ein Abbremsen, vielmehr konnte der Geschädigte seine Fahrt fortsetzen.

Dass bereits der Versuch einer Nötigung strafbar (also eine unmittelbare Reaktion meinerseits gar nicht notwendig) ist, hat die StA hingegen nicht geprüft. Zum ebenfalls von mir formlos erhobenen Vorwurf der Gefährdung schreibt man:

Soweit ein Vergehen der Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c StGB in Betracht kommt, kann eine konkrete Gefährdung des Geschädigten nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden. Hierfür erforderlich ist eine Gefahrenlage, die so akut ist, dass der Schadenseintritt lediglich aufgrund eines rettenden Zufalls ausblieb. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Ein zu dichtes Vorbeifahren an einem Fahrradfahrer ist hierfür alleine nicht ausreichend.

Eine derartige Definition der „Gefahrenlage“ würde ich mir mal für die Anordnung von blauen Schildern wünschen! Man muss wirklich ein Narr sein, zu erwarten, dass „falsches Überholen“ im Sinne dieser Vorschrift auch auf viel zu enge (und vorsätzlich begangene) Überholvorgänge gegenüber Radfahrern ausgelegt wird. Stattdessen muss also gar der „rettende Zufall“ herhalten, um überhaupt die Möglichkeit einer Strafbarkeit zu eröffnen. Im Umkehrschluss bedeutet es halt auch, dass durch ein viel zu enges Überholen niemals „Leib oder Leben eines anderen Menschen“ gefährdet werden kann? Wozu wird mir dann an der K 6 weiterhin die Nutzung der Fahrbahn verboten?

Offenkundig hatte der Autofahrer im Zuge des Ermittlungsverfahrens sogar zugegeben, dass er gefahren ist, denn die StA Zweibrücken schreibt abschließend:

Soweit durch das Verhalten des Beschuldigten eine Ordnungswidrigkeit in Betracht kommt, wurde ein entsprechendes Verfahren durch die ZBS Speyer betrieben. Der Beschuldigte musste ein Verwarngeld bezahlen.

Die 30 Euro werden ihn, im Vergleich zu einer Anklage wegen Nötigung oder vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung, sicher unheimlich beeindruckt haben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Durch das Absenden des Kommentars werden Ihr gewählter Name, Ihre Email-Adresse sowie der von Ihnen verfasste Text gespeichert. Kommentare, die unter Angabe einer Fake-e-mail-Adresse angegeben werden, werden zukünftig gelöscht. Weitere Informationen finden Sie in der Datenschutzerklärung. Sie können ihren Text per html-Tags formatieren. Bitte den passenden Antwort-Button auswählen.

Bei Problemen mit dem Captcha bitte den Text in die Zwischenablage kopieren und die Seite mit StrG + F5 neu laden.

− 1 = 2