Pragmatismus und Besserwisserei

Im Beitrag über die fehlerhafte Beschilderung in der Ortsdurchfahrt von Winzeln erwähnte ich, dass der LBM Rheinland-Pfalz in seiner Funktion als höhere Straßenverkehrsbehörde des Landes eher unwillig gegen die Stadt Pirmasens einschritt, indem er ihr die Weisung erteilte, in der Gersbacher Straße für einen rechtskonformen und widerspruchsfreien Zustand zu sorgen. Der hierfür zuständige Mitarbeiter des LBM kann seit meiner ersten Eingabe eine persönliche Abneigung gegen meine Arbeit nicht verhehlen. Im Rahmen meines erwähnten Antrags, mir die Korrespondenz zwischen dem LBM und der Stadt Pirmasens zu übermitteln, fielen hierbei auch „persönliche Anmerkungen“, welche man zuerst schwärzte.

Gegen diese Schwärzungen legte ich beim Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) erneut Beschwerde ein, woraufhin dieser den LBM aufforderte, die Schwärzungen zu begründen und mich den gesetzlichen Bestimmungen gemäß zu bescheiden. Nach diesem erneuten Rüffel sendete mir der Mitarbeiter des LBM die geschwärzte e-mail zu. Darin heißt es:

leider hilft Ihnen aller Pragmatismus nichts, wenn ein Herr Schneble glaubt, dass er in Ihrem Zuständigkeitsbereich den Besserwisser spielen muss.

Ich persönlich hätte nichts gegen die Regelung einzuwenden.

(…)

Sie werden also um eine Änderung der Beschilderung nicht herumkommen, auch wenn es vielleicht keiner außer dem Herrn Schneble versteht.

Ich zitiere, bevor ich hierauf eingehe, zuerst noch das, was der LBM Rheinland-Pfalz selbst über sein Aufgabengebiet schreibt:

Dem LBM RP obliegt als obere Verkehrs- und höhere Verwaltungsbehörde nach den Bestimmungen der StVO die Fachaufsicht über die Kreisverwaltungen sowie die Stadtverwaltungen in kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten in Rheinland-Pfalz. Wir wachen hier u.a. über die landeseinheitliche Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen und beraten die Kommunen bei entsprechendem Bedarf.

Leben wir nun in einem „Rechtsstaat“? Oder nicht? Ich möchte hier jetzt auch kein größeres Fass aufmachen, mit welcher Inbrunst die Apparate dieses Staates selbst bis zum heutigen Tage noch Menschen strafrechtlich verfolgen, weil diese gegen die vor Schwachsinn und Willkür förmlich schreienden „Corona-Regeln“ verstoßen hatten. Hier blühten sie alle auf – und beriefen sich darauf, wie notwendig es doch wäre „die Regeln“, die niemals hinterfragt werden durften, einzuhalten!

Besserwisser?

Warum bin ich ein „Besserwisser“, wenn ich die Verwaltungen eines Staates darauf hinweise, dass auch diese sich an die landes- und bundesrechtlichen Gesetze und Verordnungen zu halten haben? Zeigt doch gerade die Autostadt Pirmasens, wohin ein jahrzehntelanger „Pragmatismus“, sich grundsätzlich an keinerlei Recht und Gesetz gebunden zu fühlen, am Ende führt. Man bricht fortwährend wissentlich und vorsätzlich das Recht, um unverhohlen und fern jeglicher Rücksicht auf die sonstigen Verkehrsarten den Kfz-Verkehr zu fördern. Und der LBM und das MWVLW (also die, die dafür bezahlt werden, es tatsächlich besser zu wissen) schweigen hierüber. Ganz „pragmatisch“.

Die illegale Umleitung bei Winzeln

Ich empfinde diese persönliche Voreingenommenheit und dieses unprofessionelle Agieren des Sachbearbeiters beim LBM generell als äußerst bedenk- und bedauerlich; vor allem eben auch angesichts der Tatsache, dass ich selbst kein Beamter geworden bin, der einer sorgenfreien Pension entgegensieht. Sondern ein verarmter Radaktivist, dessen Arbeit seit nun bereits über acht Jahren von niemandem honoriert und respektiert wird.

Im Jahre 2011 wurde ich nach einem drei Jahre währenden Paragraphen-Bootcamp vom Prüfungsausschuss der Oberfinanzdirektion Koblenz als vollkommen unfähig gebrandmarkt – und meinem Schicksal überlassen. Ich habe hierüber auch während der Corona-Jahre zahlreiche (inzw. weitestgehend gelöschte) Beiträge geschrieben und werde dies an dieser Stelle auch nicht mehr wiederholen.

Dieses Trauma schmerzt mich bis zum heutigen Tage – gerade weil ich mich bei all meinen Eingaben, Beschwerden und auch meiner bislang einzigen Klage, stets auf Recht und Gesetz berufe. Und ich mir seit rund 10 Jahren ansehen muss, wie nicht nur kleine, weitestgehend von jeglicher Sachkenntnis unbefleckte Amtsträger in Dorfbehörden im Rahmen ihrer alltäglichen „Arbeit“ einen „Pragmatismus“ an den Tag legen, den man eigentlich nur noch als blanken Hohn gegenüber den maßgeblichen Gesetzen (und denjenigen, welche deren Einhaltung einfordern) bezeichnen kann.

Die illegale RLP-Radroute

Diese Beamten haben ihre Stellung nicht verdient. Sie meinen, sie könnten schalten und walten, wie sie wollen. Dass sie die StVO, die Straßengesetze und selbst die popeligen, kein Recht im eigentlichen Sinne darstellenden HBR-Regularien im Alltag bestenfalls als unverbindliche Regelungen betrachten können.

Pragmatisches Pirmasens

Das gilt insbesondere eben auch für die Straßenverkehrsbehörde und das „Ordnungsamt“ der Stadt Pirmasens. Letzteres kann ich generell nur noch in ironische Anführungszeichen setzen, weil es kategorisch geltendes Recht ignoriert und selbst die unverschämtesten und dreistesten Autofahrer über Jahre vollkommen ungeschoren davonkommen lässt. Weil sie sich „nicht der Willkür verdächtig machen“ möchte.

Diesen „Pragmatismus“ hatte ich bereits in meinem vorherigen Beitrag kritisiert. Als die Straßenverkehrsbehörde ihre fehlerhafte, widersprüchliche und jegliche Grundlogik der StVO ignorierende Anordnung zur Beschilderung in der sanierten Gersbacher Straße erließ, arbeitete sie mit genau dieser Art von „Pragmatismus“. Sich eben nicht an die vom Bund erlassene StVO zu halten, sondern „nach Gefühl“ Parkregelungen zu treffen, die das gar selbst erwähnte „Missverständnis“ zahlreicher Pirmasenser Autofahrer eher noch bekräftigen, als jenes endlich wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Nämlich dass man mit seinem Auto auf dem Gehweg schlicht und ergreifend nichts verloren hat!

Ja, es ist „pragmatisch“, bspw. bis zum heutigen Tage nicht gegen das vorsätzliche Falschparken in der Blocksbergstraße ordnungsbehördlich vorzugehen. Ebenso „pragmatisch“ ist es, das permanente Falschparken vorm Kaufland oder auch vor der Winzler Sparkasse durch bewusst ausbleibende Kontrollen zu dulden und durch das Nichtaufstellen von Pollern auch nicht generell zu erschweren. Für Eckenparker interessiert sich die Stadt Pirmasens genauso wenig wie für „Schutzstreifen“-Parker oder Kfz-Nutzer, die immer wieder die Ein- und Ausfahrten in freigegebenen Einbahnstraßen zuparken. Eher friert die Hölle zu, als dass die Stadt Pirmasens in solchen Fällen jemals Falschparker abschleppen lassen wird.

Was man hingegen viel lieber macht, ist Radfahrer zu entrechten. An diesem mit der StVO und dem LStrG nichts zu tun habenden „Pragmatismus“ hat man ebenfalls sichtlich Freude. Dann fühlt man sich nicht nur nicht an die StVO, VwV und ERA 2010 gebunden, sondern auch nicht an die Rechtsprechung deutscher Oberverwaltungsgerichte.

„Radfahrer absteigen“ an der L 600

Ebenfalls „pragmatisch“ handhabt man stets die Sache mit den Vollsperrungen und illegalen Umleitungen. Da ist sich auch der Bürgermeister Maas nicht zu schade, die Bürger regelrecht zur Missachtung von Verkehrsverboten vor mit Zeichen 250 StVO vollgesperrten Straßen aufzufordern bzw. anzustiften. So zitierte ihn die Rheinpfalz in einem Artikel vom 4. April 2025 zum Ausbau der Fahrstraße folgendermaßen, nachdem sich bei einer Bürgerversammlung eine Anwohnerin über die Dauer Vollsperrung beschwert hatte:

Nachdem der Aushub vorgenommen wurde und die Straße geschottert sei, könne sie mit dem Auto bis an ihr Haus heranfahren, versicherte Bürgermeister Michael Maas. Immerhin müsse sichergestellt sein, dass auch eine Feuerwehrzufahrt vorhanden sei und auch ein Krankenwagen zu jeder Adresse dort vorfahren könne.

Nein, das darf diese Frau nicht, solange die Straße mit Zeichen 250 StVO gesperrt, weil nicht vollständig hergerichtet ist. Es ist eine Schande, dass ein Bürgermeister solche „Auskünfte“ erteilt. Seit einiger Zeit kann man übrigens auch „Am alten Friedhof“ in Gersbach diesen „Pragmatismus“ beobachten.

In Windsberg war das im vergangenen Jahr auch nicht anders. Hier haben viele Autofahrer auch gerne mal die Absperrungen selbst beiseite geräumt. Wissend, dass Polizei und Ordnungsamt dort eh niemals kontrollieren würden.

Die Vollsperrung der K 6 in Windsberg

Aber ja. Ich bin hier der „Besserwisser“! Während sich der LBM und das MWVLW vor allem zu den richtig großen Schweinereien (wie an der B 10 oder zu den illegalen Umleitungen) regelmäßig aufgrund des „Ermessensspielraums“ herauswinden, bekommen sie es nicht einmal bei den einfachsten, jedoch unbestreitbaren Verstößen gegen Grundregeln der StVO hin, von Amts wegen einzuschreiten. Im Gegenteil. Man leugnet dann – wie auch am Zweibrücker Outlet – einfach ganze Paragraphen. Weil man selbst meint, mit den Gesetzen „pragmatisch“ umgehen zu dürfen.

Mit Menschen, die sich seit Jahrzehnten gegen den vorsätzlichen Rechtsbruch in Bezug zum Radverkehr auflehnen, geht man auch ganz „pragmatisch“ um, indem man ihre Eingaben ignoriert und sie als „Besserwisser“ abstempelt. Gestützt wird diese Haltung auch noch von einer unkritischen Lokalpresse, die meine Kritik am alltäglichen behördlichen Rechtsbruch ganz „pragmatisch“ mit der Begründung, es ginge mir ja im Endeffekt nur um die „reine Lehre“, zurückweist.

Ich schrieb es schon damals: Kafkaesk ist kein Ausdruck für das, was ich seit Jahren mit den Behörden dieser Bananenrepublik erleben muss.


Siehe auch

„Besserwisserei und Provokation“

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